Sie befinden sich auf der Themen-Seite:   Wissenschaft und Zukunft   |   Quick-Link:   Redaktion »

Wirtschaft

Wissenschaft und Zukunft

Bloß keine Angst vor übermorgen!

Wie werden wir künftig leben, wie kommunizieren, konsumieren, miteinander umgehen? Die Suche nach Antworten auf die Fragen der Gesellschaft ist in unseren Wohnzimmern angekommen. Aber was tun, bis die Zukunft da ist? Einige werden Veränderung grundsätzlich ablehnen und misstrauisch bleiben. Andere werden neugierig kommenden Entwicklungen entgegensehen und aktiv dabei sein wollen. Viele aber sind im hier und heute so sehr gefangen, dass für großartige Visionen wenig Platz bleibt.

In den industrialisierten Regionen dieser Erde werden die Menschen künftig länger leben, gesünder altern und hochwertiger konsumieren als bisher. Sie werden mobil, vernetzt und auf Knopfdruck mit jedem Winkel dieser Erde verbunden sein. Die Welt wird SMART und autonom. Das heißt, wir werden sorgenfrei in technisch optimierten Umgebungen leben. Trotzdem werden wir dicker und unbeweglicher. Wir bekommen neuartige Allergien. Sie und ich werden mehr Müll essen, trinken und atmen als je zuvor. Während ein paar Leute zum Mars fliegen, werden in einigen Regionen dieser Erde weiter Menschen hungern. Wälder werden abgeholzt, Arten werden vernichtet und das Weltklima wird kippen.

Wissenschaft ist Gemeinschaftsinteresse

Es ist die Wissenschaft, die uns all diese Entwicklungen ins Bewusstsein rückt. Die geballte Intelligenz in den Unis und Laboren dieser Welt hat die Aufgabe, Fakten zu sammeln und Zusammenhänge aufzudecken. Das ist die Basis für die Entwicklung zukunftsfähiger Produkte, effizienter Technologien, nachhaltiger Strukturen und des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Uns Bürger*innen stehen zwei Möglichkeiten offen, uns in die Arbeit an der Zukunft einzubringen. Einerseits können wir selbst aktiv werden. Wir können uns bilden und informieren bzw. Neuerungen und Empfehlungen konsequent umsetzen. Andererseits können wir dafür sorgen, dass es eine Kultur der unabhängigen Wissenschaft und Forschung in Diensten der Gesellschaft gibt. Dazu braucht es gut finanzierte Schulen und Universitäten, unternehmerischen Pioniergeist, Visionen und Mut.

Nachfolgend finden Sie einige meiner Erfahrungen zum Thema „Wissenschaft, Forschung und Zukunft“. Ich beziehe mich dabei vorwiegend auf globale Zusammenhänge, manchmal aber auch direkt auf Österreich. Dazu gibt es in der Fachwelt selbstverständlich eine Reihe von Studien und Beiträgen. Diese haben mir unterschiedliche Blickwinkel auf das Thema eröffnet. Im Rahmen meines Blogs werden ich näher darauf eingehen.

Woran wir uns gewöhnen sollten

Das sind meine Top 5 Thesen zu aktuellen Trends in der Wissenschaft und Forschung. Sie beschreiben die Situation der Arbeit an der Zukunft der Menschheit natürlich nur in Ausschnitten. Es mag weitaus mehr und für Sie auch wichtigere Themenfelder geben, die hier fehlen. Dafür bitte ich um Nachsicht.

These 1: Die Zukunft ist nicht nur digital!

Es stimmt, digitale Technik wird unser künftiges Leben noch stärker bestimmen als bisher. Trotzdem wird sich auch in den kommenden Jahrzehnten nicht alles um Bits und Bytes drehen. Gerade die großen Zukunftsthemen wie Mobilität, Medizin, Ernährung, Klimawandel oder gesellschaftliche Fragen fordern real greifbare Lösungen. Sie betreffen die Menschen direkt in ihrem Verhalten und Empfinden. Deshalb braucht es menschliche Initiative und gesellschaftliche Akzeptanz. Dafür ist die digitale Welt ein gutes Werkzeug, aber nie mehr als das.

These 2: Nicht alles, was möglich ist, ist auch nötig

Es entscheidet immer die Perspektive der Einzelnen, was gebraucht wird und was nicht. Reden wir jedoch über die Zukunft aller Menschen, kommt ein wichtiges Argument ins Spiel: Es gibt natürliche Grenzen! Allein die angespannte Ressourcen-Situation verhindert, dass jede „trendige“ Idee auch real umgesetzt werden wird. Wir sollten uns daher rasch darüber einig werden, was wir auch künftig nutzen wollen. Zudem wäre es schlau zu wissen, was wir in die Entwicklung neuer Lösungen für künftige lebenswichtige Bedarfe investieren möchten. Wenn dann noch Geld übrig ist, bitte …

These 3: Es gibt ein Rückzugsgebiet für Fakten

Selbst in Zeiten von Fake-News gibt es sie noch: knallharte Fakten. Fakten sind Tatsachen. Sie beschreiben Dinge so, wie sie sind. Die Wissenschaft ist so ein Ort, an dem man solche Wirklichkeiten schafft. Die Wissenschaft wird als System der Erkenntnisse über die wesentlichen Eigenschaften, Zusammenhänge und Gesetzmäßigkeiten der Natur, Technik, Gesellschaft und des Denkens definiert [1]. Sie stützt sich u.a. auf Eindeutigkeit, Objektivität, Überprüfbarkeit, Verlässlichkeit und Redlichkeit. Denken Sie bitte daran, wenn Populist*innen wieder Armut, Klimawandel & Co schönreden wollen.
[1] Definition Wissenschaft: https://de.wikipedia.org/wiki/Wissenschaft

These 4: Lassen Sie sich nicht abhängen

Die Zukunft ist längst eingeläutet. Sie ist das Ergebnis von Entwicklungen, die schon heute gestartet werden. Während die Politik, Wissenschaft und Wirtschaft schon begonnen haben, die Zukunft zu erschaffen, begnügen wir uns noch damit, zuzusehen und zu staunen. Geben Sie sich nicht damit zufrieden, was sich andere für Sie ausdenken. Starten Sie Ihre Fantasie. Bringen Sie sich aktiv in die Gestaltung der Welt ein. Sie haben als Person, Konsument*in und Wähler*in mehr Macht dazu, als Sie vielleicht glauben.

These 5: Geld forscht

Wenn Sie einen Stein ins Wasser werfen, erzeugen Sie kreisförmige Wellen. Wir stellen uns vor, dass sich das Wissen der Menschheit ähnlich ausbreitet. Das tut es aber nicht (mehr). Die Abhängigkeit der Wissenschaft von wirtschaftlichen Interessen schafft eine ungleiche Entwicklung einzelner Disziplinen. Damit geht oft die Kenntnis um Ursachen und Wirkungen zwischen den Fachbereichen verloren. Das Risiko negativer Folgen für Menschen und Umwelt steigt. Um das zu verhindern, braucht es mehr unabhängiges Kapital für die Wissenschaft und Forschung.

Was mir zu denken gibt

Grundsätzlich ist es das Gefühl, abgehängt zu werden, das bei mir grobes Unbehagen auslöst. Die Wissenschaft ist immerhin dafür verantwortlich, komplexe Zusammenhänge zu verstehen und entscheidende Antworten auf die Fragen der Zukunft zu finden. Da wäre ich gerne besser mit eingebunden. Und Sie?

Unbehagen 1: Zutritt zum Elfenbeinturm

Selbstverständlich müssen sich Fachleute zu ihren Themen professionell austauschen dürfen. Wissenschaft dreht sich nun mal überwiegend um komplexe Sachverhalte und deren Interpretation. Dafür sind die passenden Begrifflichkeiten, Hintergründe und Methoden unverzichtbar. Und trotzdem gibt es den Punkt, an dem die (Zwischen-)Ergebnisse wissenschaftlicher Arbeit auch uns vermittelt werden müssen. Denn wir entscheiden mit, wohin die Reise letztendlich gehen soll. Auch wenn es nervt! Nehmen Sie sich die Zeit und binden Sie die Menschen mehr in Ihre Forschung ein.

Unbehagen 2: Laien an der Macht

Für viele ist die Meinungs- und Motiv-Forschung keine wirkliche Wissenschaft. Kein Wunder: Oft bilden „gefakte“ Umfragen den Grundstein für politische Entscheidungen. Damit soll dem Wunsch der Parteien, nicht jedoch dem Willen der Wähler*innen entsprochen werden. Dabei ist die Kunst der Befragung und die Interpretation der Ergebnisse eine höchst wissenschaftliche Angelegenheit. Sie liefert, wenn richtig gemacht, ein klares Bild vom Zustand unserer Gesellschaft. Lernen Sie bitte zu unterscheiden, wann Sie an der Nase herumgeführt werden und wann von Fachleuten neutral informiert.

Unbehagen 3: Der „old school“ Diskurs

Wir verfolgen zwar gespannt die Entwicklung neuer Technologien. Trotzdem stützt sich die Öffentlichkeit in der Zukunftsdiskussion oft noch auf den heutigen Stand der Technik. Dieser aber wird demnächst veraltet sein! Wir werden dann auf Hard- und Software zurückgreifen, die wir heute noch nicht zur Verfügung haben. Besonders bei langfristigen Themen, wie der Planung von Infrastruktur und Lebensraum gilt es, künftige Technologien stärker einzubeziehen. Können wir nicht endlich den Mut aufbringen, unsere Zukunft auf Basis technologischer Visionen zu planen?

Unbehagen 4: Sensationen, Sensationen

Es gibt den Begriff „L’art pour l’art.“ (= franz. = Kunst, um der Kunst willen). Damit ist gemeint, dass die Kunst nur sich selbst, niemals aber außenstehenden Begehrlichkeiten genügen dürfe. Das sollte bis zu einem bestimmten Maß auch für die Wissenschaft und Forschung gelten. Tut es aber nicht! Einerseits besteht dort, wo wirtschaftliche Interessen schlagend werden, zu starker Einfluss auf die Forschungsinhalte. Andererseits fehlt dort, wo ethische Grundsätze ein natürliches Regulativ bilden sollten, jegliche Zurückhaltung.

Versuch und Irrtum

Seit Anbeginn der Zivilisation haben die Menschen versucht ihr Leben zu hinterfragen und aktiv zu gestalten. Um das Überleben der Art zu sichern, war es auch früher notwendig, Herausforderungen zu erkennen und Lösungen dafür zu finden. Die gängigste Methode des Zugewinns an Wissen war und ist immer noch der Versuch und der Irrtum. Es gilt dabei, etwas auszuprobieren und zu beobachten, ob es den gewünschten Erfolg bringt. Wenn nicht, kann es solange erneut versucht werden, bis es passt. Auch Kinder lernen heute noch verbreitet nach diesem Muster. Auch in Laboren oder wissenschaftlichen Versuchsanordnungen wird heute noch so vorgegangen. Meist sind die Folgen von Fehlversuchen überschaubar. In der Menschheitsgeschichte waren es aber auch schon mal Massensterben und Umweltzerstörung, die als Irrtümer fehlgeschlagener Strategien in die Geschichte eingingen.

Vertrauen Sie ruhig der Wissenschaft!

Heute haben wir weitaus bessere Methoden, Ursachen zu ergründen und Wirkungen abzuschätzen als früher. Wir bedienen uns u.a. der „vorhersagenden Analyse“, um zu Erkenntnissen zu gelangen und daraus zu lernen. Damit können wir, ohne gleich radikale Misserfolge zu provozieren, gefahrlos Visionen für die Zukunft entwerfen und umsetzen. Dabei stützen wir uns auf frühere Erkenntnisse, Fehleranalysen, Simulationen und Wahrscheinlichkeiten. Diese lassen darauf schließen, ob etwas funktioniert oder nicht. In der Wissenschaft geht es nämlich darum, fundierte Hypothesen zu erarbeiten, die solange gültig bleiben, bis sie widerlegt werden können. So versuchen Heerscharen an hochkarätigen Wissenschaftler*innen seit Jahrzehnten z.B. Einsteins Relativitätstheorie oder den Klimawandel zu widerlegen. Ohne Erfolg!

Unsere Generation sieht sich selbst gerne als „Wissensgesellschaft“. Immerhin: Das Wissen der Menschheit verdoppelt sich grob geschätzt alle 10 Jahre. Mit zunehmender Digitalisierung wird die Menge an Erkenntnissen weiter explodieren. Es wird immer mehr und es geht immer schneller. Trotzdem fallen wir bei besonders wichtigen Themen regelmäßig in die „Versuch und Irrtum-Phase“ zurück. Wir weigern uns nämlich, der Wissenschaft zu glauben, wenn es für uns unangenehm klingt. Bestes Beispiel ist der Klimawandel. Wir wissen, dass wir unseren Lebensstil so nicht weiterführen können wie bisher. Die Beweislast ist erdrückend. Und doch rennen wir lieber mit dem Kopf an die Wand, um dann zu spüren, dass es verdammt weh tut.

Salzburg, 2020|05 – Gerd

Sie befinden sich auf der Themen-Seite:   Wissenschaf und Zukunft   |   Quick-Link:   Redaktion »