Ankündigung | Content-ID: 127|01 | Autor: Gerd | Stand: 27.7.2023
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50undeine
Ist die Demokratie in einer Sackgasse?
No na! Bei Leuten, die sich ihre Meinung überwiegend aus Überschriften bilden, hätte sich das Interesse an diesem Beitrag schon wieder verflüchtigt. Aber bei jenen, die weiterlesen, habe ich ja noch eine Chance. Vor allem dann, wenn ich klarstelle, dass ich „Demokratie“ als Überbegriff von Staatsformen verstehe, die von den Vorstellungen und Bedarfen der Zivilgesellschaft regiert werden. Nicht jenen der Politik. Und dass es verschiedene Spielarten demokratischer Systeme und Formate von Bürger*innen-Beteiligungen gibt, die es zu diskutieren lohnt. Kritischer jedoch könnte es wieder werden, wenn ich berichte, dass ich im Rahmen meiner Recherchen herausgefunden habe, dass auch eine Demokratie Erneuerung braucht und kontinuierlich an die Herausforderungen der Zukunft angepasst werden muss. Und dabei sollte „Demokratie“ durchaus auch radikal anders gedacht werden, als es aktuell der Fall ist.
Wie wir es in Österreich und anderen Staaten erleben, haben sich die demokratisch legitimierten Parlamente und Regierungen in ihren Gestaltungsmöglichkeiten derart eingeengt, dass die rasche, nachhaltige Lösung der drängendsten Probleme dieser Welt eher verzögert denn gefördert wird. Zwar fußt diese Erkenntnis nicht (nur) auf Wortspenden notorisch nörgelnder Bürger*innen und deklarierter Gegner*innen des Systems. Ein Körnchen Wahrheit scheint aber doch in den Klagen der Unzufriedenen mitzuschwingen. Wie sonst hätten sich politische Unarten wie „Klientel-Politik“, „Junktim“, „Kompromisslösung“, „Koalitionsverträge“ (mit Ablaufdatum) oder „Klubzwang“ in den parlamentarischen Alltag schummeln können?
Genauso wie auch die divenhafte Selbsterhöhung einzelner Führungspersonen über jede inhaltliche Problemstellung. Oder wie ein Gros an Mandatar*innen, deren karge Wortmeldungen irgendeinem Protokoll, jedoch kaum mehr der sachlichen Auseinandersetzung in großer Runde gewidmet sind. Moderner Parlamentarismus ist zur reinen Geschäftsordnungssache verkommen und nicht mehr Forum eines problemlösenden Austauschs von Expert*innen, auch Diskurs genannt. Nein, auch nicht in den Ausschüssen, Beiräten und anderen Fachgremien. Es geht um Parteipolitik, Ideologie, Wahltaktik, Geld und persönliche Eitelkeiten. Und um den Versuch, trotz fehlender Mehrheiten irgendwie recht zu behalten.
Ganz oder gar nicht
Wer also das System ändern möchte, sollte das große Ganze, das politische „Big Picture“ im Auge behalten, nicht nur Ausschnitte daraus. Deshalb komme ich noch einmal darauf zurück, dass ich im vorigen Absatz die „Kompromisslösung“ quasi als Unding des modernen Parlamentarismus bezeichnet habe. Auch wenn namhafte Expert*innen den Kompromiss als die Königsdisziplin der Politik beschreiben. Es ist meist eine politisch tragfähige Einigung, selten jedoch eine Verbesserung der angestrebten Problemlösung. Der Kompromiss ist, wenn überhaupt, die zweitbeste Strategie. Angesichts anstehender Herausforderungen, wie Klimawandel, wirtschaftliche und geopolitische Bedrohungen oder Pensionsfrage, Migrationspolitik, Pflegenotstand und Artensterben, ist das zu wenig. Diese Themen brauchen keine zweitbesten Lösungen. Liebe Koalitionsregierungen dieser Welt: Sie brauchen volle Konzentration und keine Kompromisse.
Um jedoch aus der aktuell zelebrierten politischen Paralyse auszubrechen, halte ich es für notwendig, das ganze System, in das unsere demokratischen Werte eingebettet sind, grundsätzlich infrage zu stellen. Damit meine ich neben dem Parlamentarismus auch die Verfassung, die darin geregelte Gewaltentrennung, das Wahlsystem, die Macht und die Rolle der Medien und der politischen Kontrolle. Vor allem geht es um die Stärkung der Zivilgesellschaft bei der Führung und Gestaltung des Landes. Es gilt, diese Schrauben zu drehen: aktiv, beherzt, kompromisslos und gemeinsam!
Warum 50undeine?
50 % der Stimmen oder Mandate und eine bzw. eines mehr auf einer Seite vereint, beschreibt kurz und bündig eine Mehrheit – vor allem in demokratischen Abstimmungen. Auf politischer Ebene jedoch sind derartige Mehrheiten heutzutage nur mehr schwer zu erreichen. Zu viele Parteien teilen den Kuchen in zu kleine Stücke. Unüberbrückbare ideologische Gräben verhindern eine Zusammenarbeit. Und in einem Basar des Forderungsabtausches werden zwar mehrheitsfähige, jedoch schwache Kompromisse konstruiert, die nicht geeignet sind, große Herausforderungen zu meistern. Kein Wunder, wenn sich die Bürger*innen danach zurücksehnen, dass konsistente Mehrheiten jenseits der 50%-Grenze verlässlich ihre Aufgaben lösen. Das jedoch auf den Ruf nach einer (illiberal) agierenden Führungsperson zu reduzieren, halte ich für weit zu kurz gegriffen.
Wenn es hingegen gelänge, das System „Demokratie“ als Ganzes neu zu denken, wäre der Knoten in den politischen Abläufen schnell gelöst. Das könnte damit beginnen, zu hinterfragen, in welchem Kreis und mit welchen Konsequenzen künftig die relevanten Mehrheiten abgefragt werden. Und es könnte damit enden, Entscheidungen öfter beim Volk als bei den Politiker*innen anzusiedeln. Also mehr direkte Demokratie, sogar bis in höchste Regierungsangelegenheiten hinauf, zu ermöglichen als weniger. Was aber meinen Sie dazu? Passt eh alles oder braucht es Veränderung? Und wenn ja, in welchen Bereichen?
Schicken Sie mir doch bitte dazu Ihr Kurz-Statement (200 Zeichen) via nebenstehendem Mail-Formular. Sie helfen mir damit bei der Recherche zu meinem Buch.
PS: Klar gilt auch in diesem Beitrag für alle, die sich persönlich herausgefordert fühlen, die Unschuldsvermutung.
Salzburg, 7|2023 – Gerd
Hinweis
Dieses Thema, nämlich Wege zu finden, das politische Konstrukt der repräsentativen Demokratie effizienter auf die Herausforderungen der Zukunft auszurichten, beschäftigt mich schon länger. Es ist daher auch ein Buchprojekt in Arbeit, das sich einem den Bürger*innen näheren, lösungsorientierten Staat widmet. Und zwar mit der Zivilgesellschaft als bestimmende Größe der Politik und nicht, wie heute üblich, ideologisch vereinnahmter Gruppierungen. Meine Vision von mehr Demokratie, jedoch aus unerwarteten Blickwinkeln und mit durchaus provokanten Lösungsansätzen, wird, wie dieser Beitrag, unter dem Titel „50undeine“ erscheinen. Wenn’s gut läuft, im ersten Halbjahr 2024.
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