Blackout

KOMMENTAR | Content-ID: 173|01 | Autor: Gerd | Stand: 01.5.2025
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2025 ist das Jahr des Perspektivenwechsels. Es gibt zu jedem Thema mehrere Sichtweisen, die es wert sind, vor den Vorhang geholt zu werden. Dieser Blog widmet sich daher ein Jahr lang der Herausforderung, sinnvolle und faktenbasierte Alternativen zum politischen Mainstream aufzuspüren, die helfen könnten, wachsendes Unbehagen wirksam einzuhegen.

 

Blackout-Stories

Alles bleibt möglich

Als ich mir vor zwei Jahren ein kleines tragbares Öfchen für Krisenzeiten zugelegt hatte, war mir noch das Gespött der Bekannten sicher. Ein Prepper wäre ich, ein Typ, der sich auf den baldigen Weltuntergang vorzubereiten sucht. Ein Hysteriker, der lieber Endzeitfantasien nacheifert, als auf die Kraft der Gesellschaft und die Widerstandsfähigkeit des Systems zu vertrauen. Da war ich mir schon selbst etwas peinlich. Deshalb hatte ich dieses Öfchen mit Kochtopf, Lochpfanne und Grillaufsatz für Kohle und Holz-Befeuerung klammheimlich in den Alltag übernommen. Ab und zu ein krustiges Fischerl, eine würzige Kartoffelsuppe, Glüh-Getränke oder auch nur ein loderndes Feuerchen zur Sonnwende und all das Gemoser der Freunde war wieder gut. Vor allem aber ist die Not-Tauglichkeit des Öfchens jetzt nachgewiesen. Für eine Not, die so unwahrscheinlich heute nicht mehr ist.

Als Ende April die Iberische Halbinsel in Dunkelheit und Ladekabel-Leere verfiel, ist mir die ursprünglich angedachte Aufgabe des Öfchens wieder schlagartig in den Sinn geschossen. Licht und Wärme soll es spenden, wenn die Infrastruktur in den Seilen hängt. Wasser soll es erhitzen, Essen wärmen und die Leute um sich versammeln. Nachbar*innen, Freund*innen oder Betroffene, die noch keines dieser Öfchen zu Hause haben. Oder keine Brennstoffe, um es zu betreiben. Das lindert etwas den Mangel, stärkt den Zusammenhalt und vertreibt böse Geister. Das wäre dann mein Beitrag, um Stunden oder Tage der Stromlosigkeit kollektiv gut zu überstehen. Mehr habe ich nicht gebunkert als eine Hausapotheke, saubere Unterhosen, eine volle Power-Bank fürs Handy, den Wochenvorrat einer Familie an Lebensmitteln, etwas Wasser und eben dieses Öfchen plus Brennstoffen.

Deshalb ergeht mein Respekt besonders den Bewohner*innen Spaniens und Portugals, wie sie zum überwiegenden Teil mit dem kürzlichen Blackout umgegangen sind. Immerhin sind viele von ihnen in Nahverkehrs-, Fern- oder gar Aufzügen stecken geblieben. Der Zugang zu den Nachrichten war teils nur über Umwege gesichert und bescherte für längere Zeit nur wenig Neues zur aktuellen Situation. Die Heim-Elektronik war ebenso außer Betrieb gesetzt wie die Verkehrsleitsysteme, der digitale Zahlungsverkehr, die Gewerbeinfrastruktur oder, bis auf jene durch Notstrom abgesicherten Einheiten, das Gesundheitswesen. Trotzdem ist, außer genervten Reaktionen, etwas Verschwörungsmystik und Angst vor kriminellen Trittbrettfahrten nur wenig Apokalyptisches aus den Gassen Madrids, Barcelonas oder Lissabons bekannt. Ruhig sollen sie geblieben sein, ruhig und besonnen. Klar, bereits 24 Stunden später waren 99 % des Stromnetzes wieder hergestellt. Das ist kurz genug, das Adrenalin des Überraschungsmoments in Souveränität und nicht in Panik umzumünzen. Aber doch!

Achtung: Perspektivenwechsel!

So wünsche ich mir, dass ich reagieren könnte, wenn plötzlich alles finster wäre. Weil, ich bin einer, der gerne mal ins Dystopische abschweift, wenn es unberechenbar wird. Wenn also bei uns doch einmal ein Blackout anklopft, werde ich ab sofort nicht mehr Panik schieben – versprochen! Ich werde bei der ersten Abenddämmerung das Öfchen in den Garten stellen und ein gemütliches Feuerchen anheizen. Dann gibt’s die letzten kalten Getränke aus dem Kühlschrank für alle, die sich von der um uns aufkeimenden Unruhe nicht anstecken lassen wollen. Dazu werden ich, meine Gitarre quälend, jene Deeskalationssongs zum Besten geben, die ich mir für den Fall der Fälle zurechtgelegt habe. Mit „Good Vibrations“ von den Beach Boys als Höhepunkt. Dieses Lied kommt, einer Studie aus den USA zufolge, dem Idealtyp eines „Glücksliedes“ am nächsten. Glücklich machen demnach Lieder in Dur-Tonart mit einer Taktfrequenz von 137 Schlägen pro Minute (BPM) und einem 1-2-1-2-Beat, der Lust auf Tanzen macht. Aber das ist eine andere Geschichte. Vielleicht treffen oder zumindest hören wir einander ja, wenn überall das Licht aus-, das Leben jedoch trotzdem weitergeht. Mit oder ohne Öfchen.

Gerd Sendlhofer

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