Freiheitsstatue

KOMMENTAR | Content-ID: 171|01 | Autor: Gerd | Stand: 4.4.2025
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2025 ist das Jahr des Perspektivenwechsels. Es gibt zu jedem Thema mehrere Sichtweisen, die es wert sind, vor den Vorhang geholt zu werden. Dieser Blog widmet sich daher ein Jahr lang der Herausforderung, sinnvolle und faktenbasierte Alternativen zum politischen Mainstream aufzuspüren, die helfen könnten, wachsendes Unbehagen wirksam einzuhegen.

 

Auf in eine bessere Welt

Post-Amerikanist*innen vereinigt Euch

Bis gestern wurde ich von meinen überwiegend kapitalismus-affinen Bekannten ob meiner wachsenden Skepsis gegenüber den USA belächelt. Immerhin gelte ich seit der Trump-Regierung 1 als anti-amerikanistischer Träumer von pazifistischen Luftschlössern in einer künftig besseren Welt. Heute muss ich aufpassen, nicht geschasst zu werden, sollte ich, den Besserwisser hervorkehrend, jemals ein Gespräch mit den Worten „ich hab’s euch ja gesagt“ beginnen. Aber werden diese Bekannten irgendwann den Frust überwinden, in der Welt der Stärke von Donald Trump als schwach geoutet worden zu sein? Und zwar noch bevor sie von der Politik fordern, die weiße Fahne zu hissen, um eine selbstbestimmte Zukunft für eine fragwürdige Gegenwart unter der Herrschaft der USA zu opfern?

Für alle, die es bis jetzt noch nicht mitbekommen haben: Ich beziehe mich hier auf die ab sofort geltenden neuen Einfuhr-Zölle, mit denen US-Präsident Donald Trump den Rest der Welt in sein wirtschaftliches und politisches Fahrwasser zwingen will. Das vordergründige Ziel dabei lautet, den USA die Außenhandelsbilanz zu retten. Ich vermute jedoch, dass mehr dahintersteckt. Vielleicht sogar die Fantasie, die USA aus der Weltgemeinschaft herauszulösen, um aus der Position des Stärksten heraus Schutzgelder erpressen zu können. Der Einsatz für diese hochriskante Wette ist der mit 26 % Marktanteil stärkste (nationale) Wirtschaftsraum der Welt. Die Gegner*innen sind der Rest der Welt ohne Russland und Nordkorea, also 66 % des globalen BIP. In die Schlacht geworfen werden jedoch nur Bruchteile davon. Immerhin ist die globalisierte Wertschöpfung bereits derart eng miteinander verwoben, dass keine Macht mit Weltgeltung auf Produkte oder Leistungen der Mitbewerber*innen verzichten könnte. Es geht daher nur um deren Preis und jenen Anteil des Erlöses, der im jeweiligen Land verbleibt.

Schnell-Berechnungen zufolge wird die EU im ersten Jahr des mittlerweile als Handelskrieg eingestuften Zoll-Streites rund 0,4 % der Wirtschaftsleistung einbüßen. Das ist zwar dramatisch, jedoch weit davon entfernt, Existenzängste in Europa hervorzurufen. Abgesehen von einigen Branchen, die besonders eng an die USA gebunden sind. Aber dafür gibt es ja die EU. Vor allem, wenn es darum geht, die Rückschläge dieser Branchen zu lindern und neue Märkte, Kooperationen und „diversifizierende Geschäftsmodelle“ zu finden. Hinter diesem sperrigen Begriff stehen übrigens längst offen diskutierte Ideen, wie der Einstieg der Automobil- in die Rüstungsindustrie oder der Aufbau einer europäischen KI. Was in diesem Zusammenhang noch zu kurz kommt, ist die unvermutet auf den Präsentierteller gelegte Vorherrschaft in jenen Zukunftsbranchen, aus denen sich die USA per heute zurückgezogen hat (z.B. erneuerbare Energien). Und die Chance, über diesen Umweg die Weltgemeinschaft ohne USA auf neue Beine zu stellen.

Sie lesen richtig: Zwar wird die USA als Wirtschaftsmacht bedeutend bleiben. Es gilt jedoch, sie als Einflussfaktor in der freien Welt einzuhegen. Fakt ist, dass die Vereinigten Staaten nicht mehr vertrauenswürdig sind und daher als Vertrags- und Kooperationspartner ein großes Risiko darstellen. Deshalb ist ein gemeinschaftliches und entschlossenes Auftreten der verbliebenen Weltmächte vonnöten, um die globale Ordnung wieder in Richtung Zukunft zu trimmen. Und zwar mit den USA als Markt und Entwicklungsstandort geduldet, jedoch ohne Einfluss auf die europäische Wirtschaftspolitik und jene anderer Mächte. Was also tun, um den amerikanischen Protektionismus in eine Isolation zu wandeln? Und um damit die Zukunft der Welt vor den gierigen Fingern Donald Trumps zu retten? Dafür habe ich für die Führungskräfte der EU 4 Extra-Tipps, zusätzlich zu all dem, was derzeit diskutiert wird, im Köcher. So drastisch formuliert wie nötig, so streitbar gehalten wie nur irgendwie möglich und natürlich ungefragt:

Reden Sie mit Trump, so wie Trump über sich selbst redet.

Verhandeln Sie mit den USA ruhig weiter, jedoch: Spielen Sie auf Zeit, bleiben Sie unkonkret, bedienen Sie Herrn Trump mit seinem Wording und halten Sie kein Versprechen, das Ihnen abgerungen wird. Nicht vergessen, Ihr Fokus ist die internationale Isolation Amerikas auch über die Zeit Donald Trumps hinaus, nicht die Kapitulation Europas. Schaffen Sie Fakten und nehmen Sie Präsident Trump damit Ansatzpunkte, immer weiter zu dealen. Beschließen Sie ab sofort nur mehr Maßnahmen, die für die kommenden 10 Jahre nicht aufgehoben werden können.

Bauen Sie ein „digitales Rückgrat“ für Europa auf.

Nicht zwingend zur Teilnahme am kapitalintensiven Wettlauf um neueste Entwicklungen. Dafür aber als sicheres und hochwertiges Angebot auf Basis verfügbarer Lösungen für den täglichen Gebrauch und Grundlinie für die Entwicklung von digitalen Anwendungsmodulen. Vergessen Sie dabei nicht, dass es für den praktischen Einsatz nicht die neuesten, sondern erprobte Lösungen braucht. Und die werden neben den USA auch in China, der EU und in anderen Ländern entwickelt. Es braucht eine zensurfreie Euro-KI, Cloudlösungen, Suchmaschinen, Social-Media-Basismodule und darüber hinaus europäische Rechts- und Verwaltungssysteme. Die US-Angebote können gerne weiter verfügbar bleiben. Und zwar gegen EU-Abgabe für die App-Nutzung, Steuern für verpflichtende EU-Standorte und Schadenersatzzahlungen für Radikalisierungsbeiträge.

Dieses Netzwerk könnte über Technologiestandorte an Universitäten in allen Ländern verwirklicht werden. Damit wäre es auch möglich, Digitales EU-weit so zu fördern und koordinieren, wie es aktuell mit der Landwirtschaft geschieht. Damit, mit festverzinslichen Anlagepapieren und den Einkünften aus amerikanischen IT-Abgaben ließe sich die Digitalisierung in Europa am schnelllebigen Investmentmarkt vorbei auf lange Frist finanzieren.

Das fehlende Personal dazu wird gerade am amerikanischen Job-Markt freigesetzt. Die Kooperation über Unis sorgt zudem dafür, dass KI & Co direkt für Geschäftsmodelle aufbereitet und Patente wie am Laufband generiert werden können.

Nutzen Sie die Furcht Donald Trumps vor Bildung.

Dass es den USA durch den Rückbau der Wissenschaft schon jetzt an wichtigen Impulsen für künftige Leitbranchen fehlt, ist ein offenes Geheimnis. Jetzt diese Vertreibung hochgebildeten Personals durch Forschungsangebote in Europa zu nutzen, reicht jedoch nicht weit genug. Es geht dabei nicht nur um Fortschritt und Patente. Es geht auch darum, globale Standards für eine Weltgemeinschaft exklusive USA zu sichern.

Bieten Sie in diesem Sinne auch seriösen amerikanischen Medien an, von Europa aus ohne Zensur zu arbeiten, Fakten vor dem Zugriff der Trump-Administration zu schützen und inneramerikanische Vorgänge zu dokumentieren. Das wird es für die Aufarbeitung jener Zeit brauchen, in der Donald Trump die USA umgestaltet und deren Geschichte umgeschrieben haben wird.

Nutzen Sie den amerikanischen Job-Markt zudem dazu, Fachkräfte zu rekrutieren und langfristig nach Europa zu locken. Es werden gerade viele Arbeitskräfte in den Bereichen Soziales, IT, Rüstung, Wissen etc. verfügbar.

Teilen Sie die Welt-Zukunftsmärkte unter sich auf.

Schließen Sie einen langfristigen fairen Rohstoffvertrag mit der Ukraine ab – dito mit Grönland und afrikanischen Ländern. Schaffen Sie mit einer neuen Seidenstraße (gegen chinesische Zugeständnisse bei Menschenrechtsfragen) einen Kontrapunkt zum Panamakanal. Bauen Sie gleich mehrere militärisch genutzte Forschungsstationen auf Grönland. Schaffen Sie gemeinsam mit Kanada einen Wall zwischen den USA und der Arktis. Rufen Sie eine (zensurfreie und datenschutzkonforme) Kooperationen mit China und Japan für Weltraumprogramme und KI ins Leben. Verbannen Sie amerikanische Rüstungsgüter aus dem europäischen Portfolio.

Bieten Sie amerikanischen Menschen, die wegen ihrer Geschlechtszugehörigkeit, ihrer sexuellen Orientierung und ihrer politischen Ansicht verfolgt werden, Asyl an. Teilen Sie Zukunftsmärkte wie beispielsweise jenen für erneuerbare Energien, seltene Rohstoffe oder nachhaltige Technologien schon jetzt unter sich auf. Werden Sie Marktführer bei autonomen drohnen- und laser-gesteuerten Abwehrsystemen. Und schaffen Sie technologische Welt-Standards, die jene in den USA gültigen aushebeln.

Sie sehen, zumindest für uns blauäugige Anlass-Anti-Amerikanist*innen gäbe es durchaus Möglichkeiten, das Chaos von Donald Trump für unsere eigenen Zwecke zu nutzen. Also ich persönlich wäre dazu bereit, einer Phase des Post-Amerikanismus Zeit und Raum zu geben, um die Welt wieder zu einer besseren werden zu lassen. Wären Sie auch dabei?

Gerd Sendlhofer

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