Neue beste Freunde

KOMMENTAR | Content-ID: 176|01 | Autor: Gerd | Stand: 5.6.2025
(hc) human created | von Menschen erdacht!

2025 ist das Jahr des Perspektivenwechsels. Es gibt zu jedem Thema mehrere Sichtweisen, die es wert sind, vor den Vorhang geholt zu werden. Dieser Blog widmet sich daher ein Jahr lang der Herausforderung, sinnvolle und faktenbasierte Alternativen zum politischen Mainstream aufzuspüren, die helfen könnten, wachsendes Unbehagen wirksam einzuhegen.

 

Neue beste Freund*innen

Treu, verlässlich und digital

Was glauben Sie, wird künstliche Intelligenz das Hunderl als besten Freund des Menschen ersetzen? Wie’s aktuell aussieht, ja! Immerhin imitiert KI schon heute soziale Kontakte so, als befänden sich tatsächlich Menschen am anderen Ende der Leitung. Hatte man sich bisher noch ein Haustier zugelegt, um fehlende Ansprache auszugleichen, werden wohl künftig Chatbots & Co diesen Job übernehmen, sofern man will. Auch wenn beide – die Maschine und das Tier – immer loyal, immer bereit und vor allem sich ihrer Stellung in der geltenden Rangordnung bewusst sind, liegt das Momentum aktuell aufseiten der KI. Sie ist einfach besser darauf getrimmt, Mensch-zu-Mensch-Beziehungen zu ersetzen, als Hund und Katz es jemals in der Lage sein werden. Sie denkt mit, spricht unsere Sprache, gibt Antworten und ist immer auf dem neuesten Stand der Dinge und Technik. Das sollte reichen, damit kein Haustier als Vater-, Mutter- oder Kind-Ersatz herhalten muss.

Bevor sich jetzt seriöse und damit geschulte Hundehalter*innen, ergo Rudelführer*innen, gemaßregelt fühlen: Ihr, die ihr euer Leben auf die Bedürfnisse eurer vierbeinigen Freund*innen ausgerichtet habt, seid selbstverständlich nicht gemeint. Für euch ist ein Hund eine Lebensaufgabe und nicht nur einer Verzweiflung geschuldetes Hobby. Immerhin braucht es viel Verantwortung, Verständnis, Konsequenz und Geduld, aus der Familie ein Rudel und aus rebellischen Beziehungen eine Rangordnung zu trimmen. Und Zeit, mit dem Hund und den Kindern drei Mal am Tag spazieren zu gehen sowie Hackordnung und Disziplin zu trainieren und sie geistig und körperlich in Bewegung zu halten. Der Lohn dafür ist jedoch einer, der nie und nimmer in Gold aufzuwiegen ist: Liebe, Gefolgschaft, Anerkennung, Treue und das Bringen weggeworfener Stöckchen oder heruntergefallener Zugvögel. Gemeint sind dabei natürlich nur die Hunde. Kinder pubertieren nämlich irgendwann, geben garstige Widerworte und lassen Rudel einfach Rudel sein, um sich anderen Gruppierungen anzuschließen.

Ganz ehrlich: So flapsig der vorangegangene Absatz formuliert sein mag, im Kern wohnt durchaus jenes Problem darin, das es zu lösen gilt, um eine faire Gemeinschaft unter Lebewesen zu begründen. Die nämlich hat etwas mit Respekt bzw. Geben und Nehmen zu tun – in guten wie in schlechten Tagen. Nicht nur mit dem Einsammeln von Benefits und Mästen des Partnertiers mit Leckerlis. Wer nur die Mußestunden mit seiner tierischen Begleitung sucht, ist bei einer künstlichen Intelligenz wahrscheinlich besser aufgehoben. Auch wenn es doof aussieht, sein Handy zu streicheln oder man enttäuscht ist, wenn es dem geworfenen Ball nicht nachhechelt, bricht KI gerade die Bahn für neue Arten von Beziehungen. So auch die einer (krankhaften?) Dominanz über seine (digitale) Partner*in, ohne mit dem eigenen Gewissen, dem Gesetz oder seriösen Hundehalter*innen in Konflikt zu kommen. Dazu braucht es weder treu blickende Augen noch ein glänzendes Fell.

KI tut immer das, was gerade gewollt wird. Und zwar sowohl auf Zuruf als auch unaufgefordert. Weil sonst wäre die Technologie zwar künstlich, aber nicht intelligent. Meist kommuniziert sie mit uns, oft aber agiert sie auch nur im Hintergrund. Sie beantwortet Fragen, liefert Unterhaltung, zeigt Verständnis und spielt genau jene Leistungen und Gefühlsausdrücke zurück, die im Augenblick vonnöten sind. Sie wirkt dabei spontan, einfühlsam, kreativ und loyal bis zum Äußersten. Heutzutage tröstet öfter das Handy, denn das soziale Umfeld. Es bestärkt, motiviert, unterstützt, organisiert, regt an oder beruhigt, wo und wann immer es nötig ist. Auch hasst es, mobbt, diffamiert, spioniert und richtet andere aus, wenn Ihnen danach der Sinn steht. So wie es beste beste Freund*innen immer schon getan haben, so sie verfüg- und manipulierbar waren. Intimer geht es nicht mehr.

Es sei denn, Sie wünschen sich neben geistig-seelischer Intimität auch körperliche. Auch dafür bietet KI zunehmend „Zwischenmenschliches“. Da kann (und muss) ein Haustier (gottlob) nicht mit. Jene, die sich in ihren kühnsten Träumen schon einmal Oralverkehr mit einem scharf gestellten Dobermann vorgestellt haben, sollten die Vorzüge von KI in der Kiste rasch erkennen. Glaube ich, wissen tu ich es tatsächlich nicht. Wer die Medien verfolgt, wird immer öfter auf Beiträge zu Menschen stoßen, die mit ihrer KI Sex haben. Alles begann mit anregenden Fantasien, die via Bild und Text geil zu machen imstande waren. Heute reden wir von vernetztem Sex-Spielzeug und beischlaffähiger Robotik. Alles auf dem neuesten Stand der Technik (mechanisch und sexuell), polyamorös, für jede Fantasie offen und unzickig, auch in den verfänglichsten Situationen. Ich mutmaße, das ist so, als hätte man nicht eine oder einen Sexual-Partner*in, sondern den Erfahrungsschatz aus den Trainingsdaten von Millionen Menschen, reduziert auf die bildlich deep-gefakte Wunschfigur gegenüber.

Was in dieser Beschreibung nach überschießender Fantasie klingt, scheint das Resultat eines ganz natürlichen Vorganges zu sein. Eines Prozesses, der (hoffentlich) nur selten in abgrundtiefen Sex-Illusionen mündet, sondern vielmehr Intimität als logischen nächsten Schritt einer wachsenden Beziehung setzt. Endet hier das Repertoire eines Haustiers, ist KI tatsächlich in der Lage, sich in Form von Chat-Bots mit Menschen auszutauschen – zu jedem Thema. Das heißt, zuzuhören, einfühlsam zu reagieren und unter vorgetäuschter Anonymität die richtige Adresse für die geheimsten aller Geheimnisse zu sein. KI simuliert perfekt die Idealform einer zwischenmenschlichen Beziehung. Und zwar ohne devote Unterwürfigkeit einzufordern, sondern mit hoher Treffergenauigkeit bedürfnisorientiert. Dass dabei auch Erotik ins Spiel kommen kann, klingt unter diesem Aspekt nicht mehr so abwegig, wie ich es noch zu Beginn dieses Beitrages empfunden hatte.

Es scheint tatsächlich so, als könnte KI, etwas Vorstellungskraft der Anwender*innen vorausgesetzt, dem Ideal einer klassischen zwischenmenschlichen Beziehung zu jener (illusionistischen) Wirklichkeit verhelfen, die bis heute nur selten zu erreichen ist. Ob das gut ist, weil unerfüllte Sehnsüchte endlich eine Chance auf Realität erhalten, wird sich erst weisen. So wie auch, ob diese Entwicklung nur ein Armutszeugnis für eine zunehmend beziehungsunfähige Gesellschaft ist. Wer also auf die Einleitung dieses Beitrags zurückkommend, mangels menschlicher Kontakte Haustiere (intellektuell) vermenschlichen muss, bekommt mit KI eine sinnvolle Alternative. Hund und Katz als klassische Haustiere mit all ihrer Unberechenbarkeit und ihren verschrobenen Wesenszügen zu ersetzen, werden Chatbots, Robodogs & Co aber nur schwer können.

Gerd Sendlhofer

Linktipps

Wir werden fast nur noch Sex mit Robotern haben: https://kurier.at/trend-hub/ki-prognose-roboter/402994302 »

Wie gefährlich sind Beziehungen mit einer KI? https://www.tagesschau.de/investigativ/swr/vollbild-ki-bots-100.html »

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