KOMMENTAR | Content-ID: 176|01 | Autor: Gerd | Stand: 16.6.2025
(hc) human created | von Menschen erdacht!
2025 ist das Jahr des Perspektivenwechsels. Es gibt zu jedem Thema mehrere Sichtweisen, die es wert sind, vor den Vorhang geholt zu werden. Dieser Blog widmet sich daher ein Jahr lang der Herausforderung, sinnvolle und faktenbasierte Alternativen zum politischen Mainstream aufzuspüren, die helfen könnten, wachsendes Unbehagen wirksam einzuhegen.
Stau-Gefahren
Wer nicht losfährt, staut auch nicht
Haben Sie Stau-Erfahrung? Ich meine nicht als Anrainer*in entlang belasteter Routen. Sondern als direkte*r Gefangene*r in stockend-stehendem Verkehr. Mit jenem Phänomen, bei dem sich Massen von Menschen in einer endlosen Autoschlange treffen, um in Schneckentempo dorthin zu kommen, wo eigentlich niemand wirklich hinwill. Nämlich an Orte, an denen sich Massen von Menschen um Platz und Ressourcen keilen, die dort, wo sie herkommen, gerade frei verfügbar geworden sind. Aber daheimbleiben im Urlaub scheint heutzutage keine Option mehr zu sein. Zu wenig lebenswert ist der Wohnort und zu verheißungsvoll die saisonal übervölkerte Fremde. Also ab ins Auto und sich damit in die Blechlawine gegen Süden, Westen oder wohin auch immer einreihen.
Ich persönlich hasse Wartezeiten allgemein und damit auch Stau. Hier geht wertvolle Lebenszeit verloren. Zeit, die genutzt, erlebt und genossen werden will. Trotzdem scheint es Menschen zu geben, die durch Stau ihr Leben bereichert sehen. Sei es durch die Vorfreude auf die Belohnung am Ende der Reise. Oder sei es dadurch, dass im engen Nebeneinander der Wohnmobile und Wagen ziehender SUVs schon ab dem ersten Autobahnkilometer echtes Camping-Feeling aufkommt. Für viele Urlaubsreisende ist der Stau mittlerweile zum Teil des Abenteuers geworden. Zur Gelegenheit fürs Picknick vor einer Blockabfertigung und zum Tratsch mit Staubekanntschaften des letzten Jahres, die, wie vereinbart, auch heuer wieder um Viertel vor neun bei Kilometer 24 auf der Tauernautobahn den Motor abgestellt haben.
Mega-Staus sind aber auch zu Treffpunkten für Technik-Fetischist*innen mutiert. Zum Wettstreit der Navi-Systeme, welches wohl die fragwürdigsten Ergebnisse liefert. So hatte sich kürzlich die Google-Gemeinde geschlossen auf den Weg in Richtung Abtswald über Dürrnberg bei Hallein gemacht. Dort hat während eines riesigen Staus im Tal das Navi einen Forstweg entdeckt, der nahe Kuchl wieder auf das öffentliche Straßennetz treffen würde – noch ohne Stauwarnung. Logisch: Weil es ein alpiner Forstweg im felsigsten, unpassierbarsten Sinn des Wortes ist und daher gottlob mit einem Schranken abgesperrt wurde. Und trotzdem haben sich einige hundert Fahrzeuge die einspurige Zufahrt bis zum letzten Bauernhof hinaufgestaut. Nur um dort, wo umdrehen zum Glücksspiel wird, zu wenden und sich, weil einspurig, wieder ins Tal zu stauen.
Mit geschlossenem Fenster, die Hinaufstauenden keiner Warnung würdigend und mit reglosen Mienen die beiden verlorenen Extrastunden hinnehmend. Ich, der ich als Wandernder vom Stau am Berg überrascht war, habe deshalb begonnen, die Bergauf-Stauenden zu informieren. Ich habe jetzt nicht zwingend ein Dankeschön für die Rettung von Lebenszeit erwartet. Aber gefreut hätte ich mich schon ob des einen oder anderen netten Wortes. Erhalten aber habe ich zornige Blicke, so als hätte ich die Straße gesperrt. Und flapsige Antworten, dass wohl Google besser wisse, was Sache ist, als so ein dahergelaufener Hinterwäldler, wie ich den Eindruck zu machen schien. Ich flüchtete also wieder zurück auf jenen Forstweg, der für immer und ewig vom Autoverkehr befreit bleiben würde – auch wenn Google das nicht wahrhaben wollte.
Dabei habe ich die Hypothese entwickelt, dass Stau nicht nur Lebenszeit vernichtet sowie die Umwelt, die Infrastruktur und die Menschen entlang der Staurouten herausfordert. Und die Zielorte vor Platzangst und Geschäftsgeilheit erschaudern lässt. Sondern dass zu viel Stau auch Hirn frisst. Dass intellektuelle Fähigkeiten wie Nachdenken, Lesen, Schlüsse ziehen und Rechnen während der Stauzeiten verkümmern und/oder an Google ausgelagert werden. Und ich bin mir nicht sicher, ob dieser Verlust nach den Stauzeiten jemals wieder wettgemacht werden kann. Deshalb empfehle ich, bei der Urlaubsplanung etwas kreativer zu werden, damit Staus zu meiden und, sollte ich mit meiner Hypothese recht behalten, geistig fit zu bleiben.
Gerd Sendlhofer
Hinweise
Das Staubeispiel im Beitrag habe ich tatsächlich erlebt. Und zwar vor dem Pfingstwochenende 2025, wo sich über mehrere Tage bis zu 45 km Stau vor einer Tunnelbaustelle auf der Tauernautobahn gebildet hatten. Das wiederum hat zu enormem Ausweichverkehr und infolgedessen zu brenzligen Situationen auf vielen Nebenstraßen geführt.
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