Apollo13

KOMMENTAR | Content-ID: 118|01 | Autor: Gerd | Stand: 23.3.2023

Unser Apollo 13-Moment

Landen mit dem, was da ist!

Wer kennt es nicht, dieses wahre Helden-Epos, das der Fähigkeit des Menschen huldigt, sich auch aus ausweglosen Situationen heraus zu manövrieren. Es war damals, im April 1970, ein weltweites Bangen um die drei Astronauten der Apollo 13, als 56 Stunden nach dem Start ein Sauerstofftank explodierte und die Crew in die Landefähre umsteigen musste, um zu überleben. In den folgenden 88 Stunden mussten die Männer technisch höchst kreativ improvisieren, um die Sauerstoffversorgung bis zum Wiedereintritt in die Erdatmosphäre sicherzustellen. Dabei wurde mit Schläuchen, Buchdeckeln, Klebebändern, Tüchern, einer Socke etc. ein CO2-Absorber gebastelt, der die Atemluft in der Kapsel einigermaßen sauber hielt. Damit, und mit einer Absenkung der Innentemperatur auf 0 Grad, schafften es die Astronauten bis zum Wiedereintritt in die Erdatmosphäre und überlebten das Abenteuer. Aber was hat diese Geschichte jetzt mit uns zu tun?

Wir, die Menschen dieser Erde, befinden uns gegenwärtig in einer vergleichbaren Situation. Wir sind in Not geraten und müssen uns mit Kreativität und Innovationsgeist selbst aus der Patsche helfen. Aktuell bringt uns der Klimawandel arg in die Bredouille und es ist kaum Zeit, die Katastrophe abzuwenden. Noch steht uns, ebenso wie den Apollo 13-Astronauten, nur das zur Verfügung, was wir schon haben. Damals wie heute gibt es nichts, das wir uns schicken lassen könnten. Auch fehlt die Zeit, um die großen Game-Changer erst zu erfinden. Und wir müssen an dem sparen, was wir zur Klimarettung noch dringend brauchen – an CO2-Kontigenten. Im Klartext: Bei der Transformation in eine klimafitte Gesellschaft ein Übermaß an Treibhausgasen zu emittieren, um vielleicht später einmal davon zu profitieren, ist nicht! Ähnlich wie 1970 das lebensfeindliche Weltall die Raumkapsel umgab, umgeben uns heute Kipppunkte des Klimawandels mit derartiger Zerstörungskraft, dass schon der kleinste Fehler ins Verderben führen kann. Das bedeutet, die großen Strategien zur radikalen Verminderung von Treibhausgas-Emissionen endlich anzugehen. Und trotzdem darauf zu verzichten, Klimainfrastruktur aufwändiger zu bauen als notwendig. Das alles können wir noch nachholen, wenn wir sicher gelandet sind und die Klimaziele erreicht haben.

Kein Beton für Image-Projekte

Und wieder einmal mache ich gegen den unterirdischen Ausbau des S-Link, also der Salzburger S-Bahn, quer durch die Innenstadt mobil. Auch wenn dieses Projekt ein hypermodernes ist, mit dem sich Chancen ergeben, das ÖPNV-Angebot im Großraum Salzburg nachhaltig zu verändern: Es muss nicht unterirdisch sein. Das ist nicht nur so daher gesagt, es muss tatsächlich nicht unterirdisch sein. Ich fordere daher das Verkehrs- und Umweltministerium auf, im Rahmen der Projektbewertung, der Umweltverträglichkeitsprüfung und der Finanzierung des Projektes folgende Dinge zu beachten:

  • Es muss zu den drei eingereichten S-Link-Varianten mindestens 2 Alternativplanungen geben, die das originale Ziel ebenso zu erreichen imstande sind wie die Untertunnelung der Altstadt. Einerseits ein Projekt, das eine durchgehend oberirdische Trassenführung vorsieht. Und ein Projekt, das die gleichen Effekte für die Umwelt und die Verkehrsplanung erzielt, nur mit einem anderen Mix an Nahverkehrsmitteln. Vorrangig geht es dabei um einen Vergleich der Kosten und der geplanten Treibhausgasemissionen, insbesondere für den Beton und den Baustellenverkehr. Die originale Zielvorgabe lautet übrigens „Schaffe eine Verkehrslösung“ und nicht „Baue einen Tunnel“!
  • Der Finanzierungsanteil seitens des Bundes darf 50% der veranschlagten Kosten jener Variante nicht überschreiten, für die die wenigsten Emissionen durch Beton und die Baumaßnahmen eingeplant sind.
  • Es darf nur eine Finanzierung seitens des Bundes geben, wenn die positiven Auswirkungen auf den Klimawandel unmittelbar und nicht erst in 20-30 Jahren eintreten. Zum einen geht es beim S-Link um die in Aussicht gestellte Verkehrsberuhigung durch Abnahme des Individualverkehrs. Diese darf nicht erst als erhoffte Langfrist-Wirkung eintreten. Vielmehr muss mit dem Tag der Eröffnung des S-Link per Verordnung der gesamte Autoverkehr aus der Innenstadt verbannt werden. Zum anderen müssen mindesten 50% der geplanten CO2-Belastungen (auch anderorts durch die Produktion von Beton) mit der Finanzierung anderer Klima-Projekte schon während der Bauphase kompensiert werden.
  • Und es müssen alle Vergleichsprojekte inklusive der Emissionen während der Bauphase der Bevölkerung zur Einsicht vorgelegt werden. Dazu ist auch eine Stufe 2, also ein finaler Ausbau zu einem Verkehrsknoten als Strecken-, Finanz- und Emissionsplan, grob mit zu projektieren. Welches dieser Projekte letztendlich verwirklicht wird, ist von einem Bürger*innen-Entscheid abhängig zu machen.

Eigentlich würde ich mir erwarten, dass das Verkehrs-, Energie- und Umweltministerium bei allen aktuellen Infrastruktur-Projekten so vorgeht. Immerhin müssen für den Ausbau der Energie-Infrastruktur und die Sanierung der Verkehrswege noch weitere Unmengen an Beton gegossen werden, die sich nicht so leicht vermeiden lassen wie beim Salzburger U-Bahn-Tunnel. Ich weiß, mit dieser Forderung mache ich mich, auch bei meinen Gesinnungsgenoss*innen, hochgradig unbeliebt. Aber was soll’s? Außergewöhnliche Herausforderungen brauchen außergewöhnliche Lösungen. Und in diesem Fall muss es eine sein, die wir, ähnlich wie bei Apollo 13, nur mit vorhandenen Ressourcen und Reserven lösen können. Also tun wir es.

Salzburg, 3|2023 – Gerd

Hinweise

GameChanger = Innovationen und Konzepte, die eine Situation grundlegend ändern können

Linktipps

Link: https://www.s-link.at »

Stadtbahn S-Link kostet bis zu 2,8 Mrd. Euro: https://salzburg.orf.at/stories/3191960/ »

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