S-Link EXTRA | D | Denksportaufgaben

Autor: Gerd Sendlhofer | S-Link Beitrag D01 | 12.10.2024
Dieser Blog-Beitrag spiegelt ausschließlich die Meinung des Autors wider. Für Ihren Informationsstand und persönliche Sicht der Dinge sind und bleiben Sie selbst verantwortlich.

Übungsbeispiel

Stau und Lebensqualität

Woran messen Sie Lebensqualität?

Nur für Personen, die mit der aktuellen Auseinandersetzung um den geplanten Bau der Salzburger Stadtregionalbahn „S-Link“ einigermaßen vertraut sind!

Eines der aktuell wichtigsten Versprechen des Salzburger Verkehrsverbundes zum Thema S-Link ist,

dass durch den Bau und Betrieb der Eisenbahn die Lebensqualität der Salzburger*innen nachhaltig steigen wird.

Das ist nicht nur eine sehr mutige Ansage der Projektbetreiber*innen, sondern lässt sich an den zurzeit bekannten Informationen rund um das Projekt S-Link nur sehr schwer festmachen. Was also denken Sie?

Bitte beschreiben und begründen Sie in Ihren eigenen Worten, WARUM Sie es für wahrscheinlich halten, dass der S-Link die Lebensqualität in Salzburg nachhaltig verbessern wird (nicht nur könnte). Zudem WAS dafür notwendig ist, dass all das auch wahr wird. Oder eben nicht …

"How to" | Faktenchecker-Tipps ...

Wie checkt man Argumente auf ihre Plausibilität? Woran erkennt man, ob Versprechen, die zwar emotionalisieren, jedoch nur schwer zu messen sind, auch dazu gegeben wurden, eingelöst zu werden? Und wo findet man Schnittstellen bei fremden Projekten, über die man mit eigenen Visionen und Ideen andocken kann? Gerade beim S-Link sind viele Erzählungen und Behauptungen im Umlauf, die von außen nur schwer auf ihre Glaubwürdigkeit zu prüfen sind. Nicht alles, was diesbezüglich erzählt wird, ist jetzt irreführend oder falsch. Viele der bislang gestreuten Informationen sind jedoch diffus und damit nur schwer nachvollziehbar gehalten. Und einige der daraus gezogenen Schlussfolgerungen wollen nicht und nicht zum „Big Picture“ eines Salzburg im Jahre 2040 passen.

Was also tun, um sich zum S-Link selbst schlauzumachen?

  • Vertrauen Sie ruhig auf Ihre eigene Expertise und Ihren Hausverstand.
  • Plappern Sie nicht nach. Beschreiben und erklären Sie alles mit eigenen Worten.
  • Benennen Sie die Problemstellung so, dass Sie konkret damit weiterarbeiten könnten.
  • Prüfen Sie die vorhandenen Fakten und die Schlussfolgerungen anderer Personen auf ihre Plausibilität.
  • Denken Sie die Erzählungen der anderen weiter und beschreiben Sie deren Wirkung.
  • Ziehen Sie selbst Schlüsse aus den bisherigen Ergebnissen.

Dann noch die vier finalen Fragen beantworten und ab ins Gespräch:

  • Was wird (nicht soll!) der S-Link konkret dafür leisten?
  • Wieweit werden (nicht sollen!) Beteiligte und Betroffene das tun, was es braucht?
  • Ist das, was realisiert wird (nicht werden soll!), es wert, 15 Jahre darauf zu warten und mehrere Milliarden Euro Steuergeld einzusetzen?
  • Können die in Aussicht gestellten Effekte auch über andere Wege erzielt werden?

Jetzt steht Ihrer eigenen Visionsarbeit nichts mehr im Wege. Viel Spaß dabei!

    Meine Gedanken zu „Stau und Lebensqualität“ ...

    Achtung: Folgende Erläuterungen sind zu Übungszwecken sehr ausführlich ausgefallen. Sie werden in Zukunft deutlich kürzer werden!

    Hintergründe

    Hypothese: Ich vermute, dass der Salzburger Verkehrsverbund mit der unkonkreten und suggestiven Themensetzung „Lebensqualität“ zwei Zielgruppen ansprechen möchte: jene, die täglich selbst im Stau stecken (Auto und/oder Öffi) und jene, an denen sich der Verkehr vorbeistaut.

    Weitere (unbewiesene!) Hypothese: Ich unterstelle dazu mangels anderslautender Daten, dass beide Zielgruppen das größtenteils dahingehend interpretieren, dass andere zu einer Verhaltensänderung gezwungen werden sollen, um selbst weitermachen zu können, wie bisher.

    Statistik/Fakten: Wir müssen davon ausgehen, dass bei steigendem Mobilitätsbedarf und Zugewinnen des öffentlichen Verkehrs in der Modal-Split-Statistik nur der Anteil des motorisierten Individualverkehrs (MIV) nennenswert verringert werden kann, jedoch weniger die absolute Anzahl der Autos, die sich auch künftig auf den Straßen befinden werden.

    Konsequenz: Damit bleiben die Staus auf jenen Straßen, in denen MIV weiter erlaubt sein wird und in denen dann auch der oberirdische Begleit- und Anschlussverkehr zum S-Link weiter stecken bleibt.

    Schlussfolgerung: Durch diese (durchaus notwendigen) Verkehrsberuhigungen wird auch spürbar Ausweichverkehr in anderen Stadtteilen generiert, der neue Stauopfer hervorbringt (insbesondere Leopoldskron, Nonntal, Gneis, Morzg, Aigen).

    Zum Übungsbeispiel

    Ausgangssituation: Der Hinweis, dass Salzburg die Stauhauptstadt Österreichs ist, beschreibt noch nicht das Problem. Zumindest nicht in der Form, um ihm durch konkrete Maßnahmen zu begegnen. Er signalisiert lediglich Handlungsbedarf.

    Lösungsansätze: Es gibt allgemein eine Reihe von Möglichkeiten, sich einer Stauproblematik anzunehmen. Zwei davon stehen in der öffentlichen Diskussion besonders weit vorne. Die eine ist, den Verkehrsfluss umzulenken (z. B. durch eine Umfahrung oder einen Tunnel). Die andere ist, Mobilitätsbedürfnisse zu verändern und damit das verbleibende Verkehrsaufkommen zu steuern. Beide Argumente vereinnahmt der S-Link für sich. Und zwar mit dem Hinweis, dass er vieles kann, was nötig wäre, um Staus zu vermeiden.

    Beurteilung: Etwas können bedeutet nicht, es auch zu tun. In diesem Fall fehlt die schlüssige Ableitung, dass die geplanten Maßnahmen auch zum gewünschten Ergebnis führen werden (nicht nur könnten!). Vor allem deshalb, weil der S-Link nur eines von mehreren gleichartigen Öffi-Angeboten auf gleicher Strecke sein wird. Selbst wenn die Betreiber*innen planen würden, Buslinien der U-Bahn zu opfern, stehen die Chancen schlecht, dass diese tatsächlich gelingen bzw. von den Salzburger*innen angenommen zu werden – aus verschiedenen Gründen (siehe weitere Beiträge auf Unbehagen.at).

    Und es fehlt eine nachvollziehbare Beschreibung relevanter Effekte (positiver und negativer Art), die über den Projekthorizont des S-Link hinausgehen. Wer jetzt verspricht, dass die Lebensqualität in Salzburg, einer Stadt mit einer der höchsten Lebensqualitäten weltweit für alle Bewohner*innen weiter steigen wird, lehnt sich daher weit aus dem Fenster.

    Fakten: Das Einzige, das aktuell erwiesen ist, ist, dass durch den S-Link hohe zusätzliche Beförderungskapazitäten geschaffen werden.

    Risiken: Fragen, ob und wie diese tatsächlich genutzt werden, ob sie auch anderweitig bereitgestellt und wie sie produktiv betrieben werden können, bleiben weiter unbeantwortet. Ebenso ist noch unklar, ob der S-Link auch Folgeprobleme verursacht, die den primären Nutzen übersteigen.

    Nebenerkenntnis: Klar gibt es Studien dazu. Und es gibt anderslautende Studien. Und beide stammen öfter, als man denkt, aus dem Bestand der Salzburger Landesregierung.

    Quellen/Verweise: Ich habe allein in diesem Blog über 30 Beiträge veröffentlicht, die die Befürchtung nähren, dass das Projekt S-Link die vielen bunten Versprechungen, die bisher gegeben wurden, nicht zu halten imstande sein wird. Alle diese Beiträge sind seriös recherchiert und entsprechen jenen Kriterien, die ich eingangs für eine „eigene Meinung“ definiert habe.

    Persönliche Meinung: Ich bin daher der felsenfesten Überzeugung,

    • dass der S-Link nur wenig dazu beitragen wird, Staus zu vermeiden, die nicht auch durch andere Maßnahmen günstiger und schneller entschärft werden könnten.
    • Und dass zudem Teile des Problems verlagert statt gelöst und damit die staubedingte Beeinträchtigung der Lebensqualität zusätzlich auf andere Personen übertragen wird.
    • Damit ist der S-Link maximal mein Plan C auf der Suche nach einer staufreien Zukunft bzw. mehr Lebensqualität für die Stadt.

    Alternativen: Wo vermute ich besseren Lösungen für das Problem „Miese Lebensqualität“?

    (Noch) ungeprüfte Idee: Schon alleine die Umkehrung von ober- und unterirdisch, indem man den Auto-Transitverkehr unter die Erde brächte und nicht die Öffis, würde schneller, billiger und effizienter umzusetzen sein, als es mit einer Eisenbahn der Fall ist. Zudem wäre sie für zukünftige Ansprüche flexibler, dynamischer und innovativer zu bespielen als durch den S-Link. Aber das wollen wir nicht. Zumindest so lange nicht, solange noch Autos mit Verbrenner-Motoren auf den Straßen sind und Parkplätze brauchen. Diese Überlegung ist für mich Plan B und damit nur langfristig sinnvoller als der Bau der Eisenbahn.

    Benchmark: Es gibt meist eine dritte Möglichkeit, über Verkehrsplanung Stau zu vermeiden. Sie heißt, Verkehr in Ballungsräumen grundsätzlich neu zu denken. Das bedeutet, Achsen neu zu definieren, den Ziel- und Transitverkehr zu trennen, das ÖPNV Angebot „seamless“, also als flexibles, dynamisches Netzwerk und nicht als Sammlung starrer Linien zu verstehen und neue Technologien mitzudenken und schrittweise einzuführen.

    Strategiewechsel: Vor allem aber liegt der Schlüssel für mehr Lebensqualität in der positiven Veränderung unserer Lebensrealitäten. Das gilt für jene Bereiche, die wir nicht selbst beeinflussen können, wie z. B. Digitalisierung oder Wirtschaft. Aber auch für die Stadt- bzw. Stadtteilentwicklung, wo jene Orte gestaltet werden, in denen Lebensqualität zu Hause ist.

    Next Stepps: Ich fordere die Salzburger Landesregierung auf, sich auch diesen Alternativen einer Verkehrslösung zu widmen. Ich persönlich entwickle gerade unter Einbeziehung Ihrer Rückmeldungen auf die Denksportaufgaben zum S-Link, eine (sehr grobe) Vision von einem (mobilen) Salzburg der Zukunft: Plan A – Der Plot »

    Abspann: So weit mein Zugang zum Thema „Stau und Lebensqualität“ in Zusammenhang mit der S-Link-Diskussion. Was aber ist Ihrer? Ich freue mich schon auf Ihre Rückmeldung.

    Beste Grüße
    Gerd Sendlhofer (im Namen der SOKO Zukunft | S-Link)

      Ihr Lösungsvorschlag

      Bitte senden Sie mir Ihren Lösungsvorschlag zu dieser Denksportaufgabe. Ich werde ihn bei weiteren Recherchen zum Thema und der Entwicklung der Vision eines „Plans A zur Salzburger Verkehrssituation“ berücksichtigen. | *) Pflichtfeld

      Datenschutzbestimmung: Ihre Antworten werden ausschließlich anonymisiert in die Arbeit der Soko Zukunft | S-Link einfließen. Die SOKO Zukunft ist ein offenes Rechercheformat zur Erörterung von Zukunftsfragen aus der Sicht betroffener Menschen. Ihre Daten werden in keinem Fall an Dritte weitergegeben. 

      Denksportaufgabe Nr. 001

      13 + 15 =

      Tipp!

      Es geht um Ihre, nicht meine Meinung. Treten Sie daher bitte einen großen Schritt zurück und werfen Sie einen Blick auf das „große Ganze“. Auf ein plausibles, machbares Big Picture des Lebensraumes Salzburg im Jahr 2040.

      Lesetipps

      Mehr Informationen zum Thema finden Sie in folgenden Beiträgen auf Unbehagen.at

      002 Leute, beteiligt Euch | Warum die Bevölkerung mitreden muss, wenn es um die Ausgestaltung künftiger Lebensrealitäten geht.

      014 Wie tickt 2040? » | Es sind die neuen Rahmenbedingungen unsers Lebens, die 2040 unsere Mobilitätsbedarfe prägen, nicht umgekehrt!

      015 Bahn ist nicht gleich Bahn » | Auch wenn die Bahn Teil der smarten Zukunft der Mobilität sein wird, sie kann nicht alles können!

      016 Studie vs. Studie » | Es sind einige Studien zum S-Link im Umlauf. Was davon können sie glauben und wo ist Skepsis geboten?