S-Link EXTRA | G | Grundlinien im Projekt

Autor: Gerd Sendlhofer | S-Link Beitrag 14 | 16.9.2024
Dieser Blog-Beitrag spiegelt ausschließlich die Meinung des Autors wider. Für Ihren Informationsstand und persönliche Sicht der Dinge sind und bleiben Sie selbst verantwortlich.

Wie tickt 2040?

Salzburg wird sich verändern, versprochen!

Lassen Sie uns gemeinsam eine Übung machen. Stellen wir uns vor, wie Salzburg plus Umgebung in 15 Jahren aussehen könnte. Wo werden die Menschen wohnen, wo arbeiten, und wie werden sie ihre Freizeit verbringen? Was sind das für Leute, mit welchen Interessen, Sorgen und Pflichten, die ihren Alltag hier zu bewältigen haben? Welche Technologien stehen ihnen zur Verfügung, welche wirtschaftlichen Grundvoraussetzungen gelten? Und welche immer urbaner werdenden Strukturen stehen ihnen dann zur Verfügung? Werden sie glücklich oder gefordert sein, allein oder in Beziehung bzw. arbeitend oder in Pension? Werden sie rechtlich oder wirtschaftlich in der Lage sein, sich frei zu entscheiden, wofür bzw. wogegen auch immer? Was wird sich zum Positiven, was zum Negativen verändert haben? Und was wird Ihr, mein und unser aller Leben in Salzburg bis 2040 prägen?

Wie Sie bemerkt haben, bezieht sich keine dieser Fragen direkt auf den Verkehr. Und doch stecken darin unendlich viele Mobilitätsentscheidungen, die das Leben bzw. die Politik als universelle Gestaltungsmacht ungefragt für Sie trifft – beim Wohnen, Arbeiten, bei der Digitalisierung, in der Sozial- und Wirtschaftspolitik und vielem mehr. Es zahlt sich daher bei gröberen Verkehrsprojekten und damit auch in der S-Link-Diskussion aus, sich Gedanken darüber zu machen, welche Welt hinter dem Langfrist-Horizont auf uns wartet. Sie werden staunen, wie sehr einige Lösungen aus der Vergangenheit (also heute) meilenweit an Ihren Bedürfnissen in der Zukunft vorbeizielen. Und wie sehr Sie Dinge und Technologien nutzen werden, die im Hier und Heute unberücksichtigt zur Seite gedrängt werdenX). Deshalb macht es mich stutzig, wenn mir bei Zukunftsprojekten erklärt wird, dass alte Fehler wieder und wieder gemacht werden sollen. Und dass noch mehr vom Gleichen die beste aller Lösungen wäre.

Ich beziehe mich dabei auf die bereits getroffene Entscheidung der Salzburger Politprominenz, weiter auf die überlastete Öffi-Achse durch das Herz der Stadt zu setzen, anstatt endlich das Verkehrsnetz zugunsten der eigentlichen urbanen Entwicklungsachsen Salzburgs zu verändern. Und darauf, dass auch künftig auf innovative Technologien verzichtet werden soll. Beides widerspricht in meinem „Big Picture“ den Anforderungen an eine zukunftsfähige Verkehrsstruktur in und rund um Salzburg. Und es konterkariert damit jenes optimistische Bild, das ich vom Großraum Salzburg und den darin lebenden Menschen im Jahr 2040 habe. In 15 Jahren werden die Leute beispielsweise kaum mehr nur dort arbeiten, wo der Zug Station macht, sondern flexible und weitgehend individualisierte Öffis werden dorthin fahren, wo gerade gearbeitet wird.

Ich empfehle Ihnen diesbezüglich, sich selbst in die Zukunft der Stadt einzulesen und daran mitzuarbeiten. Das ist spannend, regt die Fantasie an und erweitert den Blickwinkel und den Horizont gleichermaßen. Ich bin mir fast sicher, Sie würden dann andere Schwerpunkte für die Salzburger Verkehrspolitik setzen, als eine Eisenbahn (= mehr vom Gleichen) mitten durch die Stadt (= vorbei an den Entwicklungsachsen) zu bauen. Dafür habe ich vier Lesetipps:1)

  • Salzburg Morgen | Welche Entwicklungen werden Salzburg im Jahr 2040 prägen? | Robert-Jungk-Bibliothek für Zukunftsfragen | diverse Autor*innen | Salzburg, 2022
  • Zweite Meinung | Die Welt von Morgen als Basis einer visionsorientierten (Business-)Planung – Gerd Sendlhofer | Salzburg, 2022
  • Raum | Räume transformieren, Zukunft gestalten | The Future: Project AG | diverse Autor*innen | Frankfurt, 2024
  • Österreichs Mobilität in 100 Jahren | Studie der Technischen Universität Wien, Institut für Verkehrswissenschaften | diverse Autor*innen | Wien, 2023

Klar, es gibt noch jede Menge weiterer Literatur, um sich in eine höchst plausible Welt von morgen einzulesen. Vor allem jene Expertisen, die sich der Meta-Ebene, also dem Blick auf die Lebensrealitäten der Menschen von morgen widmen, helfen Ihnen, Sachentscheidungen für die Zukunft vorzubereitenX). Das wiederum kommt mir in der jetzigen Diskussion um den S-Link viel zu kurz. Heute wird von diffusen Vorstellungen von Lebensqualität oder einem Allheilmittel gegen den Stau fabuliert, anstatt sich mit dem Salzburg von 2040 und den dann existierenden Bedarfen und Möglichkeiten auseinanderzusetzen. Machen Sie es bitte besser als die Wahlkämpfer*innen heute und richten Sie den Blick auf das große Ganze.

Salzburg, 9/2024 – Gerd

1, 2, 3, ...) Quellen und Erläuterungen zum Text

1) Achtung: Die genannten Werke nehmen Ihnen nicht die Arbeit ab, sich selbst um Argumente pro oder kontra S-Link zu bemühen. Sie werden darin durchaus einige Erkenntnisse finden, die das Mega-Projekt rechtfertigen. Diesen stehen aber auch jede Menge Aussagen gegenüber, warum für 2040 andere Voraussetzungen und Bedarfslagen für Mobilität und öffentlichen Verkehr gelten, als sie heute dem S-Link unterstellt werden.

    X) Siehe verwandte/weiterführende Blog-Beiträge

    Passend bzw. vertiefend zu diesem Beitrag finden Sie in diesem Blog folgende Texte:

    024 Technologien der Zukunft » | Die Kunst ist, schon heute zu wissen, auf welche Innovationen wir in Zukunft setzen werden.

    Zum gemeinsamen Erarbeiten von Alternativen zum S-Link und innovativer, visionärer Mobilitätskonzepte finden Sie in diesem Blog spezielle Denksportaufgaben.

    Tipp!

    Es geht um Ihre, nicht meine Meinung. Treten Sie daher bitte einen großen Schritt zurück und werfen Sie einen Blick auf das „große Ganze“. Auf ein plausibles, machbares Big Picture des Lebensraumes Salzburg im Jahr 2040. Stellen Sie sich dabei vor, wie wir als Gesellschaft am sichersten dort hinkommen. Ich gebe Ihnen in diesem Blog dazu ein paar Denkanstöße, nicht mehr und nicht weniger.

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