S-Link EXTRA | F | Faktencheck

Autor: Gerd Sendlhofer | S-Link Beitrag 19 | 19.9.2024
Dieser Blog-Beitrag spiegelt ausschließlich die Meinung des Autors wider. Für Ihren Informationsstand und persönliche Sicht der Dinge sind und bleiben Sie selbst verantwortlich.

An Alternativen reich

Es gibt auch smarte Wege zum Ziel

Wenn ich mich jeden Morgen in den lokalen Medien den Leser*innenbriefen zum S-Link widme, komme ich aus dem Staunen nicht mehr heraus. Glauben wirklich so viele Menschen, dass es bei der Absage des S-Link ein anderes Megabauprojekt braucht, um bei der Lösung des Salzburger Verkehrsproblems nicht zu scheitern? Und dass all jene, die keinen fixfertigen Plan B zum S-Link aus der Tasche zaubern können, dadurch das Recht verlören, sich an der Diskussion zu beteiligen? Was aber, wenn – anders als in der Szene behauptet – 83 % der Bevölkerung gar nicht zu doof sind, den Segen des S-Link zu erfassen und zu würdigen?1) Was, wenn diese Mehrheit längst begriffen hat, dass allein schon die Behauptung, eine Eisenbahn unter der Salzburger Innenstadt wäre alternativlos, sich selbst widerlegt?

Es gibt viele Menschen, denen bewusst ist, dass sich die Gesellschaft und ihre Lebensräume gerade im Umbruch befinden. Und dass es zur Bewältigung kommender Herausforderungen nicht die eine, sondern eine Vielzahl an vernetzten Lösungen braucht. Nicht nur zum Verkehr, sondern in allen Bereichen des Lebens. Diese Leute, liebe Leser*innenbrief-Schreiber*innen (*gg*), wissen bereits, dass es keines anderen Bau-Großprojekts bedarf, sollte der S-Link nicht umgesetzt werden. Im Gegenteil: Ein Mix aus alternativen Strategien wird rascher, nachhaltiger und günstiger zu allen Zielen führen, deren Erreichung der S-Link zwar verspricht, bei genauerem Hinsehen jedoch eher nicht erreichen wird. Was aber macht mich diesbezüglich so sicher? Es ist der Lauf der Dinge, der längst begonnen hat und den Weg weist.

Ich habe Ihnen daher im Anschluss mein persönliches Ranking der S-Link-Alternativen zusammengestellt.

Alternative 1: Politik nicht Beton schafft Lösungen

Die laufende Transformation der Gesellschaft hinterlässt auch in Salzburg SpurenX). Durchaus positive Fußabdrücke, obwohl das angesichts der aktuellen Krisenlagen nur wenigen bewusst ist. So werden mittelfristig der Verkaufsstopp von Verbrennern, der CO₂-Preis, der Entfall klimaschädlicher Subventionen, Innenstadtsperren, Ortskernbelebungen, 15-Minuten-Städte und vieles mehr zu mehr Klimaeffekten im Verkehr führen, als es der S-Link jemals tun könnte.

Alternative 2: Den Technologieturbo nutzen

Nicht alles, was über Mobilität im Zusammenhang mit Digitalisierung geschrieben wird, hat mit selbstfahrenden Verkehrsmitteln zu tun. Der größte Teil an mobilitätsrelevanten digitalen Innovationen wird in der Veränderung unser aller Lebensrealität passierenX). Daher sollten schon jetzt mehr Ressourcen beispielsweise in den Breitbandausbau, den Bau digitalisierter Öffi-Trassen, die Grundversorgung der Bevölkerung mit digitalen Tools und Features, die Bildung der Jungen in diese Richtung (Digital, Remote Work, Metaverse) und vieles mehr gesteckt werden.

Alternative 3: Das schon Verfügbare optimieren

Um ein Gespür dafür zu bekommen, an welchen Stellschrauben bei bestehenden Angeboten noch gedreht werden kann, empfehle ich die Lektüre einer ganz speziellen Studie. Nämlich jener Arbeit, die zwar von der Salzburger Landesregierung in Auftrag gegeben, von ihr jedoch bis vor Kurzem unter Verschluss gehalten wurde:

  • Die ÖV-Grundkonzeption Stadtregion Salzburg | mrs partner ag | Zürich, 20222)

An all jene gerichtet, die mit mir bisher so inbrünstig über den Nutzen des S-Link diskutiert haben: Wir reden erst dann weiter, wenn Sie diese Studie kennen – danke!

Alternative 4: Der Rest der „Salzburger Mobilitätslösung“ bringt’s3)

Im Restprogramm ohne S-Link finden Sie jene Angebote, die für die Ein- und Auspendler*innen in die bzw. aus der Stadt von eigentlicher Bedeutung sind.

Alternative 5: Punktuelle Infrastrukturprojekte

Wenn der Individualverkehr4) von der Oberfläche verschwinden soll, könnte man ihn auch eine Etage tiefer ansiedeln. Achtung, bitte keine Schnappatmung! Damit ist nicht gemeint, dem Auto im Stadtverkehr zu einer Renaissance zu verhelfen. Es geht darum, vor allem den Öffi-Transit und Tür-zu-Tür-Formate im öffentlichen Verkehrsangebot zu fördernX). Das mag damit beginnen, kritische Kreuzungen auf zwei Ebenen zu denken, und darin gipfeln, sich den S-Link einfach ohne Schienen und Stationen vorzustellen.

Alternative 6: Echte InnovationX)

Stichwort-Sammlung: Autonomes und teilautonomes Fahren, hybride Verkehrsmittel für den Personen- und Güterverkehr, Öffis mit variabler Streckenführung, Tourismus in der Fläche und nicht entlang einer Strecke gedachtX), „Seamless Mobility“5), hybride Trassennutzung als eine Alternative zur Messebahn (*gg*), innovative Liefersysteme (verrohrt, rollende Drohnen …) und vieles, vieles mehr.

Alternative 7: Verlagerung der Planungstätigkeit

Einige unter Ihnen werden jetzt zurecht anmerken, dass in meiner Prioritätenliste viele Details offenbleiben, während der S-Link schon sehr konkret in die Startlöcher gehievt wurde. Dazu kann ich Ihnen anbieten, in weiteren Blog-Beiträgen mehr in die Tiefe zu gehen. Ich tue das übrigens so wie alle Kritiker*innen des Projekts ohne Lob und ohne Lohn. Viel wichtiger wäre es jedoch, jene, für die ein üppiges Budget und politische bzw. mediale Rückendeckung bereitstehen, nicht nur „Eisenbahn“ denken zu lassen. Hier aber ist die Politik in den letzten Jahren viel schuldig geblieben. Ganz ehrlich: Von den 200 Planerinnen und den zig Millionen Euro Budget hätte längst ein Teil auf die Suche nach echten Alternativen zum S-Link geschickt werden müssen.

Alternative 8: Restart!

Liebes Politikpersonal, widmen Sie sich bitte die kommenden beiden Jahre der Aufgabe, alle Optionen einer Salzburger Gesamtverkehrslösung 2040 zu evaluieren und projektreif vorzubereiten. Wenn Sie jetzt beginnen, werden Sie mit neuen, innovativen und bezahlbaren Alternativen den Projekt-Horizont des S-Link noch immer um Längen unterbieten.

Liebe Kritiker*innen, ich empfehle Ihnen, sich etwas tiefer in die „Salzburger Mobilitätslösung“ einzulesen. Sie werden dort neben einem S-Link, für den noch immer jede Menge Details inklusive der finalen Trassenentscheidung offen sind, überwiegend Überschriften und spekulative Ankündigungen finden. Also genau das, was Sie uns Skeptiker*innen vorwerfen.

Salzburg, 9/2024 – Gerd

1, 2, 3, ...) Quellen und Erläuterungen zum Text

Für den Fall, dass die hier verlinkten Informationen verändert oder gelöscht wurden, stehen sie auf Anfrage zum genannten Stand als Screenshot bzw. PDF zur Verfügung.

1) Siehe: https://rsb.jetzt/Was-ist-der-%22S-Link%22—Teil-1 | Stand: 19.9.2024.

2) Siehe: https://www.stadt-salzburg.at/fileadmin/user_upload/22402/salzburg_umsetzungsplanung_20220711.cleaned.pdf | In einem SN-Beitrag vom 28.9. wurde dieser Studie unterstellt, sie baue auf die Umsetzung des S-Link auf. Liebe SN: DAS STIMMT NICHT. Sie geht davon aus, dass die erste S-Link-Etappe bis zum Mirabellplatz umgesetzt würde – jener Teil, der sowohl oberirdisch und damit billiger umgesetzt werden könnte als auch durch andere Öffi-Optionen.

3) Siehe: https://mobilitaetsloesung.at/  | Stand 19.9.2024

4) Gemeint ist neben dem motorisierten Individualverkehr vor allem der individualisierte ÖPNV, der mit digitaler Unterstützung das Öffi-Nahverkehrsnetz in absehbarer Zeit revolutionieren wird. Immer vorausgesetzt, es gibt die dafür benötigte Infrastruktur.

5) „Seamless Mobility“ ist ein Szenario in: Raum | Räume transformieren – Zukunft gestalten | The Future AG | diverse Autor*innen | Frankfurt, 2024

    X) Siehe verwandte/weiterführende Blog-Beiträge

    Passend bzw. vertiefend zu diesem Beitrag finden Sie in diesem Blog folgende Texte:

    014 Wie tickt 2040? » | Es sind die neuen Rahmenbedingungen unsers Lebens, die 2040 unsere Mobilitätsbedarfe prägen, nicht umgekehrt

    024 Technologien der Zukunft » | Die Kunst ist, schon heute zu wissen, auf welche Innovationen wir in Zukunft setzen werden.

    Zum gemeinsamen Erarbeiten von Alternativen zum S-Link und innovativer, visionärer Mobilitätskonzepte finden Sie in diesem Blog spezielle Denksportaufgaben: in Arbeit

    Tipp!

    Es geht um Ihre, nicht meine Meinung. Treten Sie daher bitte einen großen Schritt zurück und werfen Sie einen Blick auf das „große Ganze“. Auf ein plausibles, machbares Big Picture des Lebensraumes Salzburg im Jahr 2040. Stellen Sie sich dabei vor, wie wir als Gesellschaft am sichersten dort hinkommen. Ich gebe Ihnen in diesem Blog dazu ein paar Denkanstöße, nicht mehr und nicht weniger.

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