S-Link EXTRA | G | Grundlinien im Projekt

Autor: Gerd Sendlhofer | S-Link Beitrag 20 | 12.9.2024
Dieser Blog-Beitrag spiegelt ausschließlich die Meinung des Autors wider. Für Ihren Informationsstand und persönliche Sicht der Dinge sind und bleiben Sie selbst verantwortlich.

Es ist eine Eisenbahn!

Das hat Konsequenzen

Es ist gut, dass die Salzburger Regionalstadtbahn Projektgesellschaft klarstellt, dass es sich beim S-Link um eine öffentliche Eisenbahn (EisbG §2) auf einer Nebenbahnstrecke (§4 Abs. 2) handelt.1) Er ist damit weder eine U-Bahn noch eine Hauptbahn, wie sie beispielsweise für den ÖBB-Fernverkehr genutzt wird. Damit sind viele Bestimmungen, Rechte und Pflichten verbunden, die erstens erleichtern, das Projekt gegen lokale Widerstände durchzusetzen. Zweitens gehen damit eine Reihe von Regelungen einher, die den Umgang mit einer Eisenbahn im öffentlichen Raum regeln. Und drittens müssen sich die Bürger*innen bewusst werden, was es bedeutet, eine Eisenbahn in der unmittelbaren Nachbarschaft zu haben.

Sehr vereinfacht gesagt, liegt dem Bau von Eisenbahnen ein übergeordnetes öffentliches Interesse zugrunde, das auch gegen lokale Bestimmungen durchgesetzt werden kann. Konkret kann dabei das Salzburger Raumordnungsgesetz und infolgedessen der Flächenwidmungsplan der Stadt Salzburg „überstimmt“ werden. Es scheint also, dass der Bau des S-Link durch die Stadt nach den Bestimmungen des Eisenbahngesetzes gar nicht verhindert werden könnte.2) Es besteht lediglich die Möglichkeit, eine Finanzierungsbeteiligung der Stadt per Bürger*innen-Entscheid auszuschließen. Dass die Politik trotzdem ein positives Votum für die Fortsetzung des Projekts voraussetzt, ist wohl eher dem Wähler*innen-Zorn geschuldet als einem rechtlichen Zwang. Daher steht zu befürchten, dass die Politik das Projekt nach einer nur knappen Ablehnung durch das Volk dennoch umsetzen wird.

Darüber hinaus sind die Betreiber*innen von Eisenbahnprojekten ermächtigt, zur Sicherung von Grundstücken deren Eigentümer*innen zu enteignen – selbstverständlich nur gegen entsprechende Vergütung und erst nach einem womöglich längeren Instanzenzug. Letztendlich entscheiden aber jene, die die Planung und Umsetzung des Projekts vorantreiben, darüber, wessen Lebensmittelpunkte der Trasse einer Eisenbahn weichen müssen. Genau dieser Konflikt hat die Projektgesellschaft im Frühsommer dieses Jahres nach heftigen Diskussionen in Rif über die Trassenführung und mögliche Enteignungen dazu veranlasst, das Projekt erneut zu überdenken. Denn wer möchte schon bei den kommenden Wahlen als diejenige bzw. derjenige antreten, die bzw. der brave Bürger*innen aus ihren Häusern vertrieben hat?

In Bezug auf den Umgang mit Eisenbahnen im öffentlichen Raum bietet die Eisenbahnkreuzungsverordnung3) einige Schmankerl, die noch viel Konfliktpotenzial für die Projektgesellschaft bergen könnten. Es ist logisch, dass die Planer*innen beteuern, dass z. B. für die Gestaltung von Kreuzungen alle Vorschriften eingehalten werden. Allerdings sind die Visualisierungen, die schon länger im Internet kursieren, weit davon entfernt, geltendes Recht abzubilden.X) Würden die gezeigten Architekturrenderings eins zu eins umgesetzt, wäre der S-Link eine über weite Strecken unüberwindbare Barriere für mehrspurige Kraftfahrzeuge im Süden der Stadt. Aber vielleicht ist das ja ohnehin so geplant?

Bleiben noch die technischen Details, auf die sich die Bürger*innen der Stadt und südlich davon einstellen sollten.4) Für die Bewohner*innen entlang des Nordastes ändert sich, abgesehen vom verbesserten Takt und den neuen Zuggarnituren, wenig.

  • Eine Zuggarnitur ist 2,65 Meter breit, 3,70 Meter hoch und gut 37 Meter lang.
  • Es können mit einer Garnitur 220 Personen befördert werden.
  • Zur Abdeckung von Spitzen plant die Projektgesellschaft, bis zu drei Garnituren zusammenzuspannen, um maximal 660 Personen befördern zu können.
  • Die Züge werden dann über 110 Meter und die Bahnsteige rund 120 Meter lang sein – auch wenn nur wenige Züge pro Tag mit Maximalkapazität unterwegs sein werden.
  • Für die oberirdische zweigleisige Trasse wird eine Breite von rund 8 Metern benötigt.
  • Der S-Link fährt (zumindest tagsüber) alle 15 Minuten.
  • In den Stoßzeiten ist geplant, einen 7,5-Minuten-Takt durch die Stadt anzubieten – zumindest bis Salzburg Süd. Eventuell auch bis Hallein, sollten die Überkapazitäten nicht rechtzeitig von der Strecke genommen werden können.
  • Der Mindest-Bogenradius für die Bahn beträgt 120 Meter. Das nur zur Information, falls für Abzweigungen der Bahn zusätzlicher Grund gesichert werden muss.

Wie bereits festgestellt: Der S-Link ist eine ausgewachsene Eisenbahn, die teils in eine historisch gewachsene Infrastruktur und teils in sensible Landschaftsteile integriert werden muss. Dies wird wohl nicht ohne schmerzliche Kompromisse möglich sein.

Salzburg, 9/2024 – Gerd

1, 2, 3, ...) Quellen und Erläuterungen zum Text

1) Siehe: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10011302

2) Gedächtnisprotokoll: Da ich tatsächlich den ORF.at-Textbeitrag über die Wirkung des Eisenbahngesetzes verschusselt habe und es zu meinen Rechercheanfragen diesbezüglich noch keine Antworten gibt, beginne ich diesen Beitrag mit den Informationen, die mir noch in Erinnerung sind. Eventuell können Sie mir helfen, die Informationslücke fundierter zu schließen, als ich es hier tue.

3) Siehe: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20007888

4) Die Bahnhöfe entlang des Nordastes sind aktuell nicht auf Zuglängen von rund 120 Metern ausgelegt.

X) Siehe verwandte/weiterführende Blog-Beiträge

Passend bzw. vertiefend zu diesem Beitrag finden Sie in diesem Blog folgende Texte:

022 Zu Ende gedacht » | Bei Architektur-Renderings werden oft Fakes vermutet. Was aber, wenn alles genauso gemeint ist? 

Zum gemeinsamen Erarbeiten von Alternativen zum S-Link und innovativer, visionärer Mobilitätskonzepte finden Sie in diesem Blog spezielle Denksportaufgaben.

Tipp!

Es geht um Ihre, nicht meine Meinung. Treten Sie daher bitte einen großen Schritt zurück und werfen Sie einen Blick auf das „große Ganze“. Auf ein plausibles, machbares Big Picture des Lebensraumes Salzburg im Jahr 2040. Stellen Sie sich dabei vor, wie wir als Gesellschaft am sichersten dort hinkommen. Ich gebe Ihnen in diesem Blog dazu ein paar Denkanstöße, nicht mehr und nicht weniger.

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