S-Link EXTRA | G | Grundlinien im Projekt

Autor: Gerd Sendlhofer | S-Link Beitrag 20 | 30.9.2024
Dieser Blog-Beitrag spiegelt ausschließlich die Meinung des Autors wider. Für Ihren Informationsstand und persönliche Sicht der Dinge sind und bleiben Sie selbst verantwortlich.

Technologien der Zukunft

Was hält uns 2040 mobil?

Eigentlich sind die Medien voll mit Forschungsberichten zur Frage, womit in Zukunft Menschen und Güter bewegt werden. Manches davon klingt noch recht utopisch, anderes ist gerade dabei, sich über die Hintertür in die mobile Realität zu schummeln. Wer sich also bisher für dieses Thema interessiert hat, hatte durchaus die Möglichkeit, direkt am Puls der Zukunft zu sein. Wer das – so wie mutmaßlich die Salzburger Verkehrspolitik – noch nicht getan hat: Es zahlt sich aus, sich auch mit den Technologien von morgen auseinanderzusetzen. Nicht, weil sie neben dem Altbekannten ins Angebot rutschen werden, sondern anstatt.

Wir befinden uns aktuell an einem (höchst disruptiven) Kipppunkt der Technologie-Welt, an dessen Ende neue Formate für alle Bereiche unseres Lebens stehen werden. Das wird sich auch auf künftige Mobilitätsbedarfe und damit die Nachfrage nach zeitgemäßen Verkehrslösungen auswirken. Die neuen Technologien werden dabei flexibler, produktiver, leistungsstärker und künftigen Lebensrealitäten angepasster seinX) als das heute übliche Verkehrsangebot. Ob billiger, lässt sich ehrlicherweise nicht voraussagen, jedoch garantiert smarter und damit effizienter einsetzbar.

Allen diesen Technologien ist gemein, dass alltagstaugliche Versionen früher bis zeitgleich mit der Fertigstellung des S-Link marktreif sein werden. Wer sie jedoch nutzen möchte, sollte jetzt damit beginnen, die baulichen und technologischen Voraussetzungen zu schaffen und sich strukturell darauf einzurichten.1) Dazu kommt, dass sie nicht von der Stange zu kaufen sein werden. Derart komplexe Systeme können lediglich technologisch vorformuliert sein.2) Sie werden jedoch immer direkt in die lokalen Gegebenheiten hinein entwickelt und trainiert werden müssen. Besonders, was die digitale Infrastruktur und passende smarte Leitsysteme betrifft, warten zig Business-Ideen auf ihre Umsetzung. Ganz ehrlich: Ich hätte die Salzburg AG als Technologie-Unternehmen eher dabei gesehen, sich derartiger System-Komponenten als eigenen Geschäftszweig anzunehmen, als ihn (mit dem S-Link) zu sabotieren.

Was jedoch sind die Technologie-Wunder der Zukunft, die eher früh als später als „Echte Salzburger Mobilitätslösung“ für Furore sorgen könnten? Hier eine sehr kleine Auswahl: 

Autonomer Verkehr

Wir kennen erste Technologie-Ansätze aus (teils negativen) Schlagzeilen zu amerikanischen Pilotprojekten, die noch auf Lücken in der Leistungsfähigkeit der eingesetzten künstlichen Intelligenz (KI) hinweisen. Nichtsdestotrotz befindet sich längst eine 500 Fahrzeuge umfassende Flotte an „Robo-Taxis“ im regulären Straßenverkehr von Wuhan.3) In Hamburg und München sind bereits bzw. demnächst vollautonome Busse unterwegs.4a und b) Mercedes plant, ab 2025 mit autonomen Testfahrzeugen mit bis zu 95 km/h im Straßenverkehr unterwegs zu sein.5) Und die Verkehrsverbünde von Berlin und Hamburg haben kürzlich eine enge Kooperation u. a. zur Einbindung autonomer Verkehrsmittel vereinbart.6) Sie sehen: Zukunft passiert jetzt und nicht erst übermorgen – auch wenn einige der Pionierbetriebe von heute wieder von den Bildschirmen verschwinden und anderen Platz machen werden.

Teilautonomer Verkehr und automatisierte Fahrsysteme

In diesem Fachbereich sehe ich eine entscheidende Abkürzung auf dem Weg zu autonomem Verkehr, besonders in Städten bzw. auf separaten Transitrouten. Die „Teil-Autonomie“ begründet sich darin, dass klassische Fahrer*innen-Entscheidungen, wie beispielsweise die Routenwahl, von externen Systemen übernommen werden. Dabei würden Teile der digitalen Rechenleistung vom einzelnen Fahrzeug in ein Leitsystem ausgelagert, das dann in der Lage wäre, ganze Verkehrsströme zu optimieren und staufrei zu koordinieren. Beginnend mit ausgewählten Öffis ließe sich langfristig auch technologisch aufgerüsteter Individualverkehr in derartige Leitsysteme integrieren und damit sensible Verkehrsinfrastruktur entlasten. Ausschlaggebend dafür sind jedoch die ultraschnelle Übertragung und Verarbeitung von Daten, in die erst investiert werden müsste7) – auch in Salzburg und eventuell durch die Salzburg AG.

iÖPNV: Individualisierter Öffentlicher Personennahverkehr

Ganz ehrlich: Diese Variante des ÖPNV wird aktuell nur hinter vorgehaltener Hand diskutiert und angesichts disruptivster Effekte (noch) sehr vorsichtig behandelt. Es geht darum, eines der stärksten Argumente für das Auto auf öffentliche Angebote zu übertragen: die individuelle Verfügbarkeit inklusive Tür-zu-Tür-Verkehr. Und zwar meilenweit über den Ansatz des Mikro-ÖV hinaus. Stellen Sie sich zentral organisiertes Car-Sharing in für ganze Stadtteile dimensionierten Flotten zu Öffi-Preisen vor, und Sie erhalten einen ersten Eindruck davon, wie iÖPNV aussehen könnte. Technologisch würden derartige Flotten über den Ansatz des (teil-)autonomen Verkehrs gespielt werden können. Was jedoch noch fehlt, ist eine zielgerichtete Entwicklungs- und Forschungsarbeit unter realen Bedingungen. Und es braucht noch hybride Fahrzeuge und Trassen, um iÖPNV-Systeme produktiv und damit kostendeckend zu führen. Na, wenn das nichts für den Innovationsstandort Salzburg wäre?

Hybride Technologieansätze

Produktivität und mehrfacher Nutzen ergeben sich im Bereich von Mobilitätsangeboten vor allem in der Nutzung von Trassen durch verschiedene Verkehrsmittel und für mehrere Zwecke. Dass Straßen und Plätze theoretisch von allen Verkehrsmitteln genutzt werden könnten, außer (mit wenigen Ausnahmen) von einer Eisenbahn, ist ein offenes Geheimnis. Allen Widerständen zum Trotz macht diese hybride Nutzung für einige Mobilitätsformate durchaus Sinn – z. B. für Fußgängerinnen und den langsamen Radverkehr oder für Öffis und Autos. Ebenso die Nutzung dieser Trassen für den Personen- und den Güterverkehr. Klar, jetzt autonome Lieferdrohnen durch die Fußgängerinnen-Zone brausen zu lassen, wäre vermessen. Zumindest während der Tages- und Tagesrandzeiten. Aber für Hauptverkehrs- und damit Versorgungsachsen inklusive Tunnels sollte eine hybride Nutzung in mehrdimensionaler Hinsicht zwingend angedacht werden. Also auch für Straßen, Eisenbahnen und anderen multimodal genutzte Trassen.

On Demand

Wie glauben Sie, werden Sie in 10-15 Jahren Ihr Leben organisieren – egal ob beruflich oder privat? Werden Sie dann tatsächlich noch selbst versuchen, Ihren Tagesablauf mühsam mit Ihrer Umwelt abzustimmen? Dazu u. a. mit dem Handy Fahrpläne studieren und zu einer Öffi-Haltestelle pilgern, um von dort wegzukommen, wo Sie sich gerade befinden? Dann haben Sie noch nicht realisiert, wozu KI & Co. künftig fähig und auch nachgefragt sein werden. Ich habe Ihnen deshalb ein Beispiel in meinem Buch mit dem Titel „ZWEITE MEINUNG“8) ausgearbeitet. Es soll zeigen, dass wir künftig vor allem wissen sollten, was wir erledigt haben möchten. Es zu organisieren und umzusetzen, werden wir beruhigt neuen Technologien überlassen können. Und wir werden es lieben! Weitere Anwendungsbeispiele dazu würde ich gerne mit Ihnen gemeinsam in den DenksportaufgabenX) auf Unbehagen.at entwickeln.

Und vieles, vieles mehr

Wer sich Fach-Medien für Mobilität zu Gemüte führt, wir aktuell an fast euphorischen Berichten zu diversen Entwicklungen mit Zukunftspotenzial nicht vorbeikommen, wobei nicht jede Idee auch innovativ ist. So startete im September in Linz ein autonomer Pendelservice im Testbetrieb. In Dubai werden demnächst Flugtaxis zum Einsatz kommen. In China sind längst autonome Schwerlast-LKWs im Einsatz. In den Niederlanden werden bereits Hyperloops getestet, wo in langen Röhren Personen oder Güter mit bis zu 1.000 km/h bewegt werden sollen. Es gibt also noch viele weitere Visionen, Mobilität in der Zukunft anders auszugestalten, als wir es heute noch tun. Bitte halten daher auch Sie die Augen offen und freuen Sie sich jetzt schon auf technologische Quantensprünge, die Ihr Leben und Ihre Mobilität nachhaltig beeinflussen werden.

Sie sehen, Zukunftstechnologien werden jede Menge Neuerungen in unsere Mobilitätsbedarfe und damit auch unser Mobilitätsverhalten bringen, die jetzt ermöglicht und nicht verhindert werden sollten. Es wäre daher sinnvoll, seitens der Salzburger Landespolitik auch in diese Richtung zu recherchieren und sehr konkrete Projekte auf die Reihe zu bringen – nicht nur eine bescheiden innovative Eisenbahn durch die und unter der Stadt.X)

Salzburg, 9/2024 – Gerd

1, 2, 3, ...) Quellen und Erläuterungen zum Text

1) Österreichs Mobilität in 100 Jahren | Studie der Technischen Universität Wien, Institut für Verkehrswissenschaften | diverse Autor*innen | Wien, 2023

2) Zweite Meinung | Die Welt von Morgen als Basis einer visionsorientierten (Business-)Planung | Business-Novelle | Gerd Sendlhofer im Eigenverlag | Salzburg, 2023

3) Siehe https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ausland/china-autonomes-fahren-robotaxi-100.html | Hinweis: Selbstverständlich gibt es noch gewisse Anlaufschwierigkeiten, aber der Ball ist unaufhaltsam ins Rollen gebracht.

4a) Siehe: https://www.automotiveit.eu/news/vw-plant-testfahrten-im-fahrerlosen-idbuzz-835.html

4b) Siehe: https://www.abendblatt.de/hamburg/hamburg-mitte/article238879093/So-soll-der-autonome-Bus-Hamburgs-Nahverkehr-revolutionieren.html

5) Siehe:  https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/auto-verkehr/autonomes-fahren-bald-bei-hohem-tempo-moeglich-das-sind-die-plaene-von-mercedes-110003774.html

6) Siehe https://www.tagesspiegel.de/berlin/autonome-busse-und-gemeinsame-app-hamburg-und-berlin-wollen-beim-nahverkehr-zusammenarbeiten-11905079.html

7) Siehe: https://www.swarco.com/de/mobilitaet-der-zukunft/autonomes-fahren/autonomes-fahren-vor-nachteile

8) Von A nach C | Neue Ausblicke auf die Mobilität der Zukunft – mit S-Link Salzburg | Business-Novelle | Gerd Sendlhofer im Eigenverlag | Salzburg, 2024

X) Siehe verwandte/weiterführende Blog-Beiträge

Passend bzw. vertiefend zu diesem Beitrag finden Sie in diesem Blog folgende Texte:

003 Der S-Link ist keine Innovation » | Ein Eisenbahntunnel mag vieles sein, innovativ ist er jedoch längst nicht mehr!

014 Wie tickt 2040? » | Es sind die neuen Rahmenbedingungen unsers Lebens, die 2040 unsere Mobilitätsbedarfe prägen, nicht umgekehrt!

Zum gemeinsamen Erarbeiten von Alternativen zum S-Link und innovativer, visionärer Mobilitätskonzepte finden Sie in diesem Blog spezielle Denksportaufgaben.

Tipp!

Es geht um Ihre, nicht meine Meinung. Treten Sie daher bitte einen großen Schritt zurück und werfen Sie einen Blick auf das „große Ganze“. Auf ein plausibles, machbares Big Picture des Lebensraumes Salzburg im Jahr 2040. Stellen Sie sich dabei vor, wie wir als Gesellschaft am sichersten dort hinkommen. Ich gebe Ihnen in diesem Blog dazu ein paar Denkanstöße, nicht mehr und nicht weniger.

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