S-Link EXTRA | G | Grundlinien im Projekt

Autor: Gerd Sendlhofer | S-Link Beitrag 13 | 14.9.2024
Dieser Blog-Beitrag spiegelt ausschließlich die Meinung des Autors wider. Für Ihren Informationsstand und persönliche Sicht der Dinge sind und bleiben Sie selbst verantwortlich.

Worum geht es wirklich?

S-Link Tunnel: ja oder nein?

Ehrlich: Ich staune Bauklötze! Irgendwie geht vielen in der Diskussion um den Salzburger S-Link gerade die Fantasie durch. Was mit der Abstimmung zur „Salzburger Mobilitätslösung“ am 10.11.2024 aktuell in Zusammenhang gebracht wird, reicht schon nahe an „G‘schichtldrucken“ heran. Da wird von einem „Master-Konzept“ zur Lösung aller regionalen Verkehrsprobleme in und rund um die Stadt Salzburg erzählt. Vom „großen Ganzen“ ebenso wie von der letzten Chance für die Salzburger*innen auf so etwas wie Staufreiheit und Lebensqualität. Auch gegen ewig nörgelnde Bürger*innen oder das Ende einer politischen Durststrecke bei Wahlen soll gekämpft werden. Das und viel mehr wird hineininterpretiert, wenn im November das zweite Mal zu einem Thema zur Urne gerufen wird, über das schon einmal abgestimmt wurde – wenn auch nicht wunschgemäß.X)

Aber egal, was Ihnen erzählt wird: Bei der kommenden Abstimmung zum Salzburger Verkehr der Zukunft geht es letztendlich nur um den S-Link! Oder anders formuliert:

Darf der Tunnel gebaut werden oder verzichtet Salzburg darauf?

Sollten Ihnen in den vergangenen Wochen und Monaten anderslautende Geschichten und Deutungen zugetragen worden sein, verweisen Sie diese ruhig ins Reich der Wahlkampfrhetorik. Besonders jene Stories, die behaupten, die einzige wirksame Mobilitätslösung und damit die Zukunft der Stadt stünde auf dem Spiel, sind Mumpitz. Alles Notwendige, das im neuen Konzept neben der Verlängerung der Lokalbahn bis Hallein geschrieben steht, kann und wird auch ohne den S-Link so oder in alternativer Form umgesetzt werden.1) Inklusive jener Projektteile aus den diversesten Gesamtverkehrsplanungen, die es nicht in die „Mobilitätslösung“ geschafft haben und doch gebraucht werden.2)

Was aber macht mich so sicher, dass es sich bei der „Salzburger Mobilitätslösung“ um eine „Trägerrakete“ für einen offensichtlich überbewerteten S-Link-Tunnel handelt und nicht um ein Projekt-Sammelsurium, das den S-Link braucht, um überhaupt wirkfähig zu werden?

  • Mit etwas gutem Willen lassen sich die Einzelprojekte der Mobilitätslösung durchaus umsetzen und anders vernetzen als zwingend über den S-Link.X)
  • Das Projekt wurde von der sachlichen Ebene auf ein Wahlkampfthema reduziert. Damit zielt die eingesetzte Rhetorik eher auf den Bauch denn auf den Kopf der Bürger*innen.3)
  • Die „Mobilitätslösung“ besteht über den S-Link hinaus vielfach aus Überschriften ohne konkrete Inhalte.3)
  • Es existieren zu den vorgelegten Studien durchaus seriöse GegenexpertisenX) und berechtigte Einwände, die jedoch seitens der Landesregierung4) weggelächelt werden.
  • Große relevante Teile der „Salzburger Mobilitätslösung“ sind rasch umzusetzen. Und sie müssen möglichst morgen und ohne den S-Link jene Ergebnisse liefern, die dem S-Link erst in vielen Jahren unterstellt werden.
  • Für die Bahn-Themen der „Salzburger Mobilitätslösung“ braucht es eher die ÖBB5) und damit das Hauptverkehrsnetz als eine separat betriebene Regionalbahn.
  • Zukunftstechnologien für Mobilität kommen in den Überlegungen der Salzburger Landesregierung so gut wie nicht vor6).
  • Die Salzburger Medienlandschaft agiert seit Längerem suggestiv pro S-Link.X) Tut mir leid, aber das geht gar nicht!

Sie sehen: Bei der kommenden Abstimmung scheint es den Verantwortlichen eher darum zu gehen, den S-Link koste es, was es wolle, im Programm zu halten. Daher wird in den Raum gestellt, ohne den Tunnel würde sich an der jetzigen Salzburger Verkehrssituation nichts ändern. Für mich ist diese Argumentation Wunschdenken. De facto stimmen Sie nur über den S-Link durch die Stadt inkl. Tunnel ab. Den Rest der „Salzburger Mobilitätslösung“ kriegen Sie auch bei einem NEIN.

Darüber hinaus entscheiden Sie noch, ob Sie durch die Bindung von Ressourcen (Geld und Infrastruktur) für den S-Link Teile einer Gesamtverkehrslösung für den Großraum Salzburg verunmöglichen wollen. Daher bedeutet Ihr NEIN bei der Abstimmung auch, dass wir in Salzburg innovativer und größer denken dürfen als in der Kategorie „Innenstadt-Eisenbahn mit Tunnel“. Aber bitte entscheiden Sie selbst, was Ihnen für die Zeit nach dem 10.11.2024 wichtig ist.

Salzburg, 9/2024 – Gerd

1, 2, 3, ...) Quellen und Erläuterungen zum Text

1) Es spricht trotz gegenteiliger Behauptung des Salzburger Verkehrsverbundes weder technisch noch logistisch bzw. in Wechselwirkung mit anderen Mobilitätsansätzen etwas Gravierendes dagegen, die Einzelprojekte auch ohne den S-Link umzusetzen. Einerseits, weil es für diese Projekte eine noch größere Klammer geben sollte als die „Mobilitätslösung“ (nämlich ein Gesamt-Verkehrskonzept). Andererseits, weil einige dieser Projektteile ja schon einmal separat angedacht waren und es auch wieder werden könnten. Dass es ideologie- und unternehmenspolitisch weitere Gründe gibt, auch um den Preis der eigenen Glaubwürdigkeit am S-Link festzuhalten, ist eine andere Geschichte und sollte bei der Abstimmung hoffentlich keine Rolle spielen.

2) Nur zur Erinnerung: Beispielsweise war das Projekt „Ischlerbahn Neu“ bis vor Kurzem ein willkommenes Argument der Befürworterinnen des Baus des S-Link. In der aktuellen „Salzburger Mobilitätslösung“ kommt es jedoch nicht mehr vor. Und das, obwohl die Erschließung des östlichen Flachgaus inklusive östlichem Salzburger „Speckgürtel“ weit oben auf der Prioritätenliste der Verkehrsplaner*innen stehen sollte.

3) Bitte selbst nachlesen und beurteilen: https://mobilitaetsloesung.at/

4) Offizieller Betreiber der „Salzburger Mobilitätslösung“ ist der Salzburger Verkehrsverbund und damit eine 100%ige Tochter des Landes Salzburg. Ob sich das ändern wird, hängt von der „Organisationsreform des Öffentlichen Verkehrs in Salzburg und Umgebung“ ab, wie sie in der Rahmenvereinbarung mit dem Bundesministerium nachzulesen ist.

5) In der Rahmenvereinbarung mit dem Bundesministerium wurde bereits 2020 beschlossen, betreffend die Schnittstellen der Gleisnetze in enge Abstimmung mit den ÖBB zu treten. Dazu laufen noch Rechercheanfragen. Mein aktueller Stand ist jedoch, dass diesbezüglich nur wenig in die Wege geleitet wurde.

6) Es wird zwar in diversen Ankündigungen von einem Konzept für „Mikro-ÖV“ gesprochen. Ich (persönlich) unterstelle dabei der Landesregierung jedoch, an „On-Demand-Angebote“ in Form von VW-Bussen mit ehrenamtlichen „Boomern“ als Lenker*innen am Land zu denken. Dabei ginge es eher um autonomen bzw. teilautonomen Verkehr in volldigitalem Einsatz rund um die Uhr und überall im Großraum Salzburg. Einerseits wäre das innovativer als eine Eisenbahn durch die Innenstadt. Andererseits wären derartige Überlegungen in Richtung „individualisiertem ÖPNV“ längst als nennenswerter Posten in den Budgets des Verkehrsverbundes bzw. der Landesregierung zu finden. Sie tun es aber nicht.

    X) Siehe verwandte/weiterführende Blog-Beiträge

    Passend bzw. vertiefend zu diesem Beitrag finden Sie in diesem Blog folgende Texte:

    016 Studie vs. Studie » | Es sind einige Studien zum S-Link im Umlauf. Was davon können sie glauben und wo ist Skepsis geboten?

    018 58 Prozent » | Eigentlich gibt es schon ein gültiges Votum gegen den Bau des S-Link durch die Stadt Salzburg. Nur wahrhaben wollen es nicht alle!

    019 An Alternativen reich » | Es braucht vor allem mehr Smartness als Alternative zum S-Link und kein anderes Mega-Bauprojekt.

    Medienkritik: in Arbeit

    Zum gemeinsamen Erarbeiten von Alternativen zum S-Link und innovativer, visionärer Mobilitätskonzepte finden Sie in diesem Blog spezielle Denksportaufgaben.

    Tipp!

    Es geht um Ihre, nicht meine Meinung. Treten Sie daher bitte einen großen Schritt zurück und werfen Sie einen Blick auf das „große Ganze“. Auf ein plausibles, machbares Big Picture des Lebensraumes Salzburg im Jahr 2040. Stellen Sie sich dabei vor, wie wir als Gesellschaft am sichersten dort hinkommen. Ich gebe Ihnen in diesem Blog dazu ein paar Denkanstöße, nicht mehr und nicht weniger.

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