S-Link EXTRA | P | Politik und Bürger*innen-Beteiligung

Autor: Gerd Sendlhofer | S-Link Beitrag 18 | 19.9.2024
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58 Prozent

Teil 3 zum Thema Bürger*innen-Beteiligung

Erinnern Sie sich noch? Im Herbst 2023 haben die Gegner*innen des S-Link-Projektes zu einer Bürger*innen-Befragung in der Stadt Salzburg geladen. Dabei wurde abgestimmt, ob ein Bahn-Tunnel unter der Salzburger Innenstadt gebaut werden soll1). Nicht zur Disposition standen damals übrigens weitere Teilprojekte des S-Link-Gesamtvorhabens. Vor allem deshalb, weil die wichtigsten Ergänzungsprojekte auch ohne den Tunnel umzusetzen wärenX). Auch wenn die Befürworter*innen des S-Link betonen, dass es ohne Tunnel und die Salzburger Lokalbahn-Gesellschaft (SLB) nicht funktionieren würde, bin ich persönlich der felsenfesten Ansicht, wenn alle wollten, ginge es (locker).

Jetzt ging die Abstimmung im November 2023 mit 58,3 % zu 41,7 % deutlich an die Projekt-Skeptiker*innen. Zudem war mit 22,35 % die Beteiligung höher als bei der Befragung zur Mönchsberggarage (21,98 %), die nach dem Bürger*innen-Nein abgesagt wurde. Wer jetzt jedoch glaubt, direktdemokratische Erkenntnisse wären für politische Entscheidungen allgemein so etwas wie Wegweiser, irrt gewaltig. Im Gegenteil: Am Tag nach der Befragung begann das politische Kleinreden der Wahlbeteiligung. Zudem beherrschten recht obskure Interpretationen des Ergebnisses soziale, aber auch klassische Medien. Und es wurde das Instrument der direkten Demokratie massiv infrage gestellt. Das hält bis heute an und wird unter anderem auch von Prominenten medial weiter getrommelt. Die dahinterliegende Hypothese ist, dass dieses Projekt zu komplex wäre, um von einer Mehrheit der Menschen sachlich beurteilt werden zu können2a, b und c). Das wiederum ist, wie ich glaube, äußerst kurzsichtig.

Irgendwie schien zudem die Hoffnung um sich zu greifen, dass eine neuerliche Befragung mehr Zustimmung bei der Bevölkerung bringen könnteX). Nicht, weil dann konkrete Antworten auf noch offene Fragen zum Projekt vorliegen würden. Das tun sie selbst heute noch nicht in jener Klarheit und Tiefe, auf die die Menschen eigentlich Anspruch hätten. Nein, mit mehr Marketing sollte das gelingen. Und mit der Ausweitung der Befragung auf Regionen, in denen die Menschen weniger direkt betroffen sind als die Stadtbewohner*innen. So werden aktuell in besonders unkritischen Salzburger Medien utopische Leistungsversprechen gestreut und Wahlkampfstimmung verbreitet. Storytelling ersetzt nunmehr Projektkommunikation und wohlklingender „Marketing-Sprech“ die guten alten Fakten. So wird gerade diskutiert, ob die Stadt und das Land Salzburg3) jeweils eigenes Infomaterial an die Bewohner*innen aussenden werden, bevor es im November wieder an die Urnen geht.

Ich persönlich sitze dazu gerade auf einem Berg an Recherchematerial, das nahelegt, die angekündigten Info-Offensiven von Stadt und Land Salzburg durch die kritische Brille zu sehen. Vor allem deshalb, weil angesichts bereits veröffentlichter bzw. noch vorenthaltener Zahlen der Projektgesellschaft der Verdacht auftaucht, dass der S-Link-Tunnel vorwiegend die Stadt und in nur bescheidenem Maße die Gemeinden im Großraum betreffen wirdX). Für diese Leute stünde dann bei der kommenden Befragung etwas anderes zwischen den Zeilen, nämlich ob ein – so wie ich es nenne – „Nice-to-have“-Projekt für vorwiegend die Stadtbevölkerung mit Landesgeldern bezahlt werden dürfte. Eigentlich aber müsste das Abstimmungsergebnis in der Stadt das entscheidende Gewicht pro oder kontra Tunnel sein. Und dieses Ergebnis liegt ja schon vor!

Weiter gedacht weckt das in mir die Befürchtung, dass das Land das JA zu einem möglichen Gesamtprojekt (inklusive wichtigerer Teile im Regionalbahnnetz) an den Bau des Tunnels knüpft. Damit müssten die Wähler*innen die „Kröte namens Tunnel schlucken“, um z. B. eine Chance auf den Gewinn namens „Bus-Durchbindungen“4) (etc.) zu erlangen. Damit das nicht geschieht, empfehle ich den Gegner*innen des Tunnels deutlich hervorzuheben, dass ein NEIN bei der kommenden Befragung nicht das Ende anderer Projektteile bedeutet. Erstens, weil diese auch ohne den S-Link-Tunnel möglich sind. Und zweitens, weil trotz der vermutlichen Enttäuschung der Landespolitik über eine weitere verlorene Abstimmung die Arbeit an einem zukunftsfitten Verkehrskonzept für Salzburg weitergehen wird – wenn nötig, auch mit neuen Personen an den politischen Hebeln.

Salzburg, 9/2024 – Gerd

1, 2, 3, ...) Quellen und Erläuterungen zum Text

1) Die Fragestellung an die Bürger*innen lautete damals: „Soll für das Bahnprojekt S-Link ein unterirdischer Tunnel vom Hauptbahnhof zum Mirabellplatz und unter der Salzach hindurch bis in den Süden der Stadt Salzburg gebaut werden?“

2a) „Von A nach C | Neue Ausblicke auf die Mobilität der Zukunft – mit S-Link Salzburg“ | Business Novelle | Autor: Gerd Sendlhofer im Eigenverlag | Salzburg, 02/2024 – www.business-novelle.eu

2b) https://rsb.jetzt/Was-ist-der-%22S-Link%22—Teil-1 | Stand 25.7.2024

2c) https://unbehagen.at/chaos-auf-allen-kanaelen/

3) Die Stadt Salzburg ist mit der aktuellen politischen Vertretung gegenüber dem S-Link eher skeptisch gesinnt. Das Land Salzburg möchte ihn hingegen mit allen Mitteln umsetzen.

4) Siehe: https://mobilitaetsloesung.at/

X) Siehe verwandte/weiterführende Blog-Beiträge

Passend bzw. vertiefend zu diesem Beitrag finden Sie in diesem Blog folgende Texte:

002 Leute, beteiligt Euch » | Warum die Bevölkerung mitreden muss, wenn es um die Ausgestaltung künftiger Lebensrealitäten geht.

008 Wahltaktische Eigentore » | Was tun politische Parteien in Not? Sie starten einen Wahlkampf.

010 Was kostet eine Verkehrslösung? » | Was, wenn die 2,2 Mrd. Euro für den S-Link nur 20 % der Gesamtkosten wären?

013 Worum geht es wirklich? » | Bei der kommenden Abstimmung geht es trotz aller anderslautenden Ankündigungen nur um den Tunnel.

019 An Alternativen reich » | Es braucht vor allem mehr Smartness als Alternative zum S-Link und kein anderes Mega-Bauprojekt.

Tipp!

Es geht um Ihre, nicht meine Meinung. Treten Sie daher bitte einen großen Schritt zurück und werfen Sie einen Blick auf das „große Ganze“. Auf ein plausibles, machbares Big Picture des Lebens-Großraumes Salzburg im Jahr 2040. Stellen Sie sich dabei vor, wie wir als Gesellschaft am sichersten dort hinkommen. Ich gebe Ihnen in diesem Blog dazu ein paar Denkanstöße, nicht mehr und nicht weniger.

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