S-Link EXTRA | W | Wirtschaft und Organisation

Autor: Gerd Sendlhofer | S-Link Beitrag 10 | 15.9.2024
Dieser Blog-Beitrag spiegelt ausschließlich die Meinung des Autors wider. Für Ihren Informationsstand und persönliche Sicht der Dinge sind und bleiben Sie selbst verantwortlich.

Was kostet eine Verkehrslösung?

S-Link-Finanzierung | Teil 2

Mit August 2024 hat die Salzburger Landesregierung das Projekt S-Link auf eine höhere Stufe gestellt. Ab jetzt steht eine „Salzburger Mobilitätslösung1)“ im Mittelpunkt, nicht mehr nur jener Bauabschnitt, der eine Eisenbahn über- und unterirdisch quer durch die Stadt führen soll. Was dabei untergeht, ist, dass auch diese Lösung in der präsentierten Form zu kurz greift, wenn die angespannte Verkehrssituation im Großraum Salzburg nachhaltig verbessert werden soll. Wir reden daher ab sofort über (grob geschätzte) 8–10 Mrd. Euro für alle nötigen Verkehrsprojekte2) statt über die bisher diskutierten 2–3 Mrd. Euro (S-Link). Und über die Chance, mit einem schlichten NEIN bei der kommenden Abstimmung die Kosten für das Gesamtprojekt „Verkehrslösung“ um rund 30 % zu senken. Und das, ohne dass die versprochenen Effekte der „Salzburger Mobilitätslösung“ in Gefahr geratenX).

Ich weiß, diese Behauptung klingt nicht weniger provokant als jene, dass ohne den S-Link-Tunnel die „Salzburger Mobilitätslösung“ nicht denkbar wäre. Im Vergleich zur gerne gestreuten „Alternativlos-Aussage“ halte ich die Faktenlage für meine „Es gibt durchaus günstigere, effektivere und schneller machbare Alternativen-Hypothese“ jedoch für plausibler. Dies führt in meinen Augen dazu, dass sich angesichts der großen Herausforderungen, Salzburg auf die Bedarfe der Zukunft auszurichten, ein nennenswertes Sparpotenzial auftut. Dabei hilft es, sich vor Augen zu führen, was in den kolportierten Kostenaufstellungen des Salzburger Verkehrsverbundes (SVV) enthalten ist – und was eben nicht3).

Es ist ein offenes Geheimnis, dass die kürzlich präsentierte „Salzburger Mobilitätslösung“ nur einen rudimentären Teil jener Herausforderungen darstellt, die tatsächlich auf die Stadt und das Land zukommen werden. Zum einen fehlen darin wichtige Projekte, die für den Großraum Salzburg von großer Bedeutung sind und daher auf der Agenda stehen sollten. Zum anderen sucht man bei zu vielen Überschriften konkrete Planungsdetails. Das macht es schwierig, die Gesamtkosten für alle Projekte zu ermitteln. Aber vielleicht hilft dabei ein Überblick, was an Themen ansteht, die in den 2-3 Mrd. Euro S-Link-Kosten nicht berücksichtigt sind.

Bereits mit 2-3 Mrd. Euro kalkuliert

  • Die Planung und der Bau der Eisenbahnverbindung plus Haltestellen zwischen dem Salzburger Hauptbahnhof und Hallein (inklusive B&R- und P&R-Anlagen entlang der Strecke und Grund- und Nebenkosten bzw. Oberflächen-Projekte). Dafür gilt auch die Zusage des Bundes, 50 % der Kosten zu übernehmen4).

Nicht in der S-Link-Kalkulation enthalten, jedoch gerne mit dem S-Link in Zusammenhang gebracht

  • Messebahn inklusive Brücke und P&R- bzw. Reisebus-Terminal (Bund: 50 %)
  • Sanierung und Adaptierung der Salzburger Lokalbahn im Norden der Stadt (Arbeitstitel „Nordast“ – Bund: 50 %)

Noch nicht kalkuliert und noch ohne Finanzierungszusage des Bundes5 und 6):

  • Abzweigung des S-Link von Hellbrunn nach Salzburg Süd/ÖBB-Trasse inklusive Brücke
  • Stiegl-Bahn
  • Verlängerung der Messebahn zum Flughafen und weiter bis Wals
  • Ausbau des Regionalbusangebotes durch die Stadt (Durchbindung) bzw. in die Region inklusive der dafür nötigen Infrastruktur
  • Rad-Infrastruktur (sollte eigentlich im Stadtbudget auftauchen)
  • Zusätzliche P&R- und B&R-Anlagen abseits der S-Link-Trasse
  • Infrastrukturmaßnahmen zur Verkehrsberuhigung
  • Aufwertung der innerstädtischen Haltestellen-Infrastruktur

Nicht mehr bzw. noch nicht in der“Salzburger Mobilitätslösung“ enthalten jedoch (teilweise) wichtigere Projekte als der S-Link-Tunnel durch die Altstadt:

  • Ischlerbahn zur verbesserten Anbindung des östlichen Flachgaus
  • Königseebahn (= Luxus: muss daher nicht aus dem Landesbudget kofinanziert werden)
  • Leubebahn (müsste ein extern finanziertes Projekt ohne Landesgelder sein)
  • Anpassungen der städtischen und regionalen Infrastruktur an eine moderne Orts-, Stadt- und StadtteilplanungX). Stichworte: Wohnen, Arbeit, Freizeit, Bildung, Versorgung, „Grätzel“, Digitalisierung & Co. Zugegeben, dafür braucht es primär keine Öffi-Milliarden, doch jeden Cent, der beim S-Link-Projekt gespart werden kann.
  • Einbindung neuartiger, innovativer Mobilitätstechnologien in ein Öffi-Netz der ZukunftX).
  • Ergänzung und Modernisierung des jeweils aktiven Öffi-Netzes inkl. Fuhrparks.

Nicht enthalten sind in den vorherigen Aufstellungen u. a. die Kosten für die Instandhaltung und den Betrieb der jeweils genutzten Öffi-AngeboteX).

All diese Punkte stehen zusätzlich zur „Salzburger Mobilitätslösung“ des Verkehrsverbundes auch im Lastenheft der Verkehrspolitik. Und zwar sowohl in jenem des Landes als auch dem der Stadt und der Gemeinden. Das wiederum bedeutet, dass dafür Geld – besser gesagt, Unmengen an Geld – bereitgestellt werden müssen. Warum also 2,2 Mrd. Euro in ein Projekt wie den S-Link-Tunnel investieren, dessen Leistung von den anderen Projektteilen „nebenbei“ erbracht werden kannX)?

Salzburg, 9/2024 – Gerd

1, 2, 3, ...) Quellen und Erläuterungen zum Text

Für den Fall, dass die hier verlinkten Informationen verändert oder gelöscht wurden, stehen sie auf Anfrage zum genannten Stand als Screenshot bzw. PDF zur Verfügung.

1) Siehe: https://mobilitaetsloesung.at | Stand: 12.9.2024

2) Im Großraum Salzburg ist für die Ausrichtung des ÖPNV-Angebotes auf künftige Bedingungen weit mehr zu tun, als es in der „Salzburger Mobilitätslösung“ der Landesregierung beschrieben wird. Zugegeben, in sehr spekulativen Kostenschätzungen in sozialen Medien aus jener Zeit, als noch ein Paket mehrerer Bahnverbindungen diskutiert wurde, beliefen sich die Kosten auf bis zu 9 Mrd. Euro (inkl. S-Link und beispielsweise der Ischlerbahn). (Weit) Sparsamer gerechnet, jedoch ergänzt um Maßnahmen zur Einbindung neuer Technologien, zur Flexibilisierung und Dynamisierung des ÖPNV und zur in Mobilitätsfragen optimierten smarten Planung der Stadt, einzelner Stadtteile, der Peripherie und der Orte bzw. Ortskerne im Großraum Salzburg schätze ich ein Mindest-Investitionsvolumen für „alles“ von 8–10 Mrd. Euro. Zwar ausgelegt bis 2060 jedoch mit einem Startschuss für die Planung und Investitionen im Hier und Heute.

3) Aktuelle Hochrechnungen zur Erweiterung der S-Bahn | SVV | Stand: 11.9.2024 | https://mobilitaetsloesung.at/infothek

4) Siehe: Rahmenvereinbarung über die Planung und Errichtung von neuen Infrastrukturmaßnahmen für den öffentlichen Verkehr im Zentralraum Salzburg (2020). Darin sind u. a. einige Punkte enthalten, die Sie noch vor der Abstimmung kennen solltenX)!

5) Teile dieser Ankündigungen auf https://mobilitaetsloesung.at werden wohl indirekt über Gemeinde-Budgets oder andere Titel finanziert werden. Das Geld dafür stammt jedoch, so wie jenes des S-Link, auch von Ihnen oder Ihren Nachkommen.

6) Diese seit längerem diskutierten Projekte reichen zeitlich wahrscheinlich über den derzeitigen Horizont des S-Link (2040) hinaus. Das tut jedoch auch der (voraussichtliche) Finanzierungsplan des S-Link durch das Land Salzburg. Damit wird die „Salzburger Mobilitätslösung“ auch finanziell zu einem Mehr-Generationen-Projekt.

    X) Siehe verwandte/weiterführende Blog-Beiträge

    Passend bzw. vertiefend zu diesem Beitrag finden Sie in diesem Blog folgende Texte:

    009 Was kostet ein Tunnel » | Die Kosten für die Tunnelstrecke sind am Tisch. Aber, halten sie auch?

    019 An Alternativen reich » | Es braucht vor allem mehr Smartness als Alternative zum S-Link und kein anderes Mega-Bauprojekt.

    030 Finanzierungsfragen » | Zurzeit deutet alles darauf hin, dass das Land Salzburg beim S-Link „all in“ gehen muss, um ihn zu finanziere.

    Zum gemeinsamen Erarbeiten von Alternativen zum S-Link und innovativer, visionärer Mobilitätskonzepte finden Sie in diesem Blog spezielle Denksportaufgaben.

     

    Tipp!

    Es geht um Ihre, nicht meine Meinung. Treten Sie daher bitte einen großen Schritt zurück und werfen Sie einen Blick auf das „große Ganze“. Auf ein plausibles, machbares Big Picture des Lebensraumes Salzburg im Jahr 2040. Stellen Sie sich dabei vor, wie wir als Gesellschaft am sichersten dort hinkommen. Ich gebe Ihnen in diesem Blog dazu ein paar Denkanstöße, nicht mehr und nicht weniger.

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