S-Link EXTRA | P | Politik und Bürger*innen-Beteiligung
Autor: Gerd Sendlhofer | S-Link Beitrag 07 | 11.9.2024
Dieser Blog-Beitrag spiegelt ausschließlich die Meinung des Autors wider. Für Ihren Informationsstand und persönliche Sicht der Dinge sind und bleiben Sie selbst verantwortlich.
We are not NIMBYs!
Nützliche, nicht lästige Bürger*innen
Kennen Sie den Begriff „NIMBY“? Der steht für (englisch) „Not in my Backyard“, also „Nicht in meinem Hinterhof“. Das bedeutet, gegen etwas zu sein, weil es persönlich stört. Wir unterstellen gerne diese Haltung, wenn sich beispielsweise Anwohner*innen aus Prinzip gegen eine Betriebserweiterung wehren. Oder wenn, wie bei einer Infoveranstaltung in Hallein/Rif erlebt, geschockte Bewohner*innen über deren Enteignung für den Bau des S-Link informiert werden. Aber auch wenn sich, wie nach dem Bau des S-Link zu erwarten ist, die Anwohner*innen in Aigen, Morzg, Gneis und Nonntal gegen Infrastruktur-Erweiterungen wehren werden, die ab dem Baubeginn der südlichen S-Link-Trasse den Ausweichverkehr durch Personen und Güter aufnehmen sollen.
In der jetzigen Phase des S-Link-Projektes habe ich das Gefühl, dass wir vom klassischen NIMBY-Protest noch ein ganzes Stück weit entfernt sind. Aktuell geht es, abgesehen von den Enteignungsängsten konkret Betroffener und dem befürchteten Umsatzverlust der Hotellerie in der Rainerstraße, nicht um persönliche Befindlichkeiten. Wie auch? Immerhin sind die bisherigen Trassenplanungen ab dem Mirabellplatz noch nicht hochoffiziell fixiert. Für 90 % der Strecke fehlt noch die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP). Auch sind die baulichen Details nicht in Pläne gegossen, sondern nur in hübschen Bildern verewigt. Diesen Visualisierungen ist jedoch gemein, dass sie in der präsentierten Form nie und nimmer Realität werden (können)X). Denn was da besonders nett gezeichnet wurde, würde bei einer Umsetzung eine Reihe an unangenehmen Konsequenzen für viele, viele Bürger*innen nach sich ziehen. Hier schlummern Wirkungsketten, die Betroffene unvermittelt zu NIMBYs werden lassen dürften.
Warum aber wird das Argument „NIMBY“ seitens der Politik bzw. der Projekt-Befürworter*innen trotzdem so konsequent getrommelt? Ich glaube, weil es das einzige ist, womit gegen eine Bürger*innen-Beteiligung überhaupt Stimmung gemacht werden kann. Die bisherigen Versuche, die Bewohner*innen der Stadt als inkompetent darzustellen1a und b), bergen die Gefahr, als Bumerang an die Politik retourniert zu werden. Das wird daher über kurz oder lang enden müssen. Ebenso wie die Geschichte, dass die Salzburger*innen ohnehin alles verhindern wollen, was viel Geld kostet, auf Dauer nicht aufrechtzuerhalten sein wird. Diesen Vorwurf können Sie getrost schon jetzt als „Fake“ abtun, der auch dann nicht wahr werden wird, wenn er noch so oft wiederholt wird.
Gegen den Bau der Mönchsberg-Garage gab es ebenso stichhaltige Argumente, wie es sie gegen den Bau des S-Link gibt. Und auch die Ablehnung der Bürger*innen eines Guggenheim-Museums im Mönchsberg hatte Pros und Kontras, die es abzuwägen galt. Ich war übrigens dafür und kann trotzdem mit der Absage leben. Argumente dafür und dagegen gab bzw. gibt es (aktuell) für den Festspielbezirk, die längst fällige Instandsetzung der bestehenden LokalbahnX), die Idee einer Ischler-Bahn (ohne S-Link)X) oder die Olympia-Bewerbung. Einige Projekte sind demokratisch abgewählt und andere angenommen worden bzw. werden noch entschiedenX). Dafür hat beispielsweise die Politik die (frühe) Idee einer Verschmelzung der Autobahn- mit der Bahntrasse (ab Thalgau) aus – nur ihr bekannten – Gründen gecancelt. Tja, hätte sie das damals nicht getan, müssten wir heute nicht über den S-Link diskutieren!
Ich halte aufgrund meiner eineinhalbjährigen Recherche zum S-Link den Vorwurf, die Kritiker*innen des Projektes wären nur aus Prinzip dagegen, für maßlos überzogen. Zu zahlreich türmen sich in meinen Unterlagen die Argumente gegen das Projekt auf, als dass hier von willkürlicher Fundamental-Opposition und Verhinderungskultur gesprochen werden könnte.
Gebot der Stunde wäre hingegen, die über weite Strecken berechtigten Vorbehalte gegen den S-Link in die Planung des übergeordneten Projektes einzubinden. Übrigens: Nur ein Gesamtkonzept kann Salzburgs Verkehr zukunftsfit machen – und zwar so wie es aktuell aussieht, ohne den S-Link. Nur damit kann für all jene Teilprojekte, die in Salzburg umgesetzt werden müssen, um unser aller Mobilität auf die Zukunft auszurichten, eine breite Mehrheit in der Bevölkerung gefunden werden. Die üblichen NIMBY-Vorbehalte werden ohnehin aufpoppen, sobald Projektdetails konkret werden. Es wird mit aktiver Beteiligung von Bürger*innen jedoch leichter fallen, diese kooperativ auszuräumen.
Salzburg, 9/2024 – Gerd
1, 2, 3, ...) Quellen und Erläuterungen zum Text
1a) Siehe „Von A nach C | Neue Ausblicke auf die Mobilität der Zukunft – mit S-Link Salzburg“ | Business Novelle | Autor, Verlag: Gerd Sendlhofer im Eigenverlag | Salzburg, 02/2024 – www.business-novelle.eu
1b) Siehe: https://rsb.jetzt/Was-ist-der-%22S-Link%22—Teil-1 | Stand 25.7.2024
X) Siehe verwandte/weiterführende Blog-Beiträge
Passend bzw. vertiefend zu diesem Beitrag finden Sie in diesem Blog folgende Texte:
002 Leute beteiligt Euch » | Warum die Bevölkerung mitreden muss, wenn es um die Ausgestaltung künftiger Lebensrealitäten geht.
010 Was kostet eine Verkehrslösung? » | Was, wenn die 2,2 Mrd. Euro für den S-Link nur 20 % der Gesamtkosten wären?
018 58 Prozent » | Eigentlich gibt es schon ein gültiges Votum gegen den Bau des S-Link durch die Stadt Salzburg. Nur wahrhaben wollen es nicht alle!
019 An Alternativen reich » | Es braucht vor allem mehr Smartness als Alternative zum S-Link und kein anderes Mega-Bauprojekt.
022 Zu Ende gedacht » | Bei Architektur-Renderings werden oft Fakes vermutet. Was aber, wenn alles genauso gemeint ist?
Tipp!
Es geht um Ihre, nicht meine Meinung. Treten Sie daher bitte einen großen Schritt zurück und werfen Sie einen Blick auf das „große Ganze“. Auf ein plausibles, machbares Big Picture des Lebensraumes Salzburg im Jahr 2040. Stellen Sie sich dabei vor, wie wir als Gesellschaft am sichersten dort hinkommen. Ich gebe Ihnen in diesem Blog dazu ein paar Denkanstöße, nicht mehr und nicht weniger.
Linkliste
Warum dieser Blog?
Zum S-Link Workbook »
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Zur Projektgesellschaft »
Zur Neuen Mobilitätslösung »
Zur den Gegner*innen »
Business-Novelle: Von A nach C »
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