S-Link EXTRA | W | Wirtschaft und Organisation

Autor: Gerd Sendlhofer | S-Link Beitrag 17 | 19.9.2024
Dieser Blog-Beitrag spiegelt ausschließlich die Meinung des Autors wider. Für Ihren Informationsstand und persönliche Sicht der Dinge sind und bleiben Sie selbst verantwortlich.

Was heißt produktiv?

Teil 1a zum Thema Wirtschaft und Finanzen

Als ich in der SOKO Zukunft den ersten Beitrag zum ThemaX) präsentierte, wurden sofort die Rufe nach einem Beispiel laut, anhand dem sich Produktivität im öffentlichen Verkehr verständlich darstellen lässt. Here it is!

Stellen Sie sich vor, es ist Rushhour am Morgen. Abertausende Salzburger*innen möchten recht- und damit gleichzeitig zur Arbeit oder in die Schule. Da käme es gelegen, wenn eine Bahnverbindung gerade mal für eine Stunde auf einer Linie im 7,5-Minuten-Takt 600 Personen gleichzeitig befördern könnte. Das wären 8 x 3 Zuggarnituren pro Richtung, in denen insgesamt 9.600 Personen Platz finden. Damit wäre man schon nahe an der Vollauslastung der Züge und der Trasse. Das wäre produktiv.

Nach einer Stunde aber ist der Spuk vorbei. Die Kids sind in der Schule und die Eltern am Arbeitsplatz. Würden jetzt die 600-Fahrgäste-Züge weiter alle 7,5 Minuten im Einsatz bleiben, wären sie nur spärlich ausgelastet. Das wäre wiederum höchst unproduktiv. Selbst bei hohem Tourismus-Aufkommen und Öffi-Anteil im lokalen Modal Split könnte man getrost den Takt auf 15 Minuten verlängern und die Züge um 400 auf 200 Plätze reduzieren. Und selbst dann müsste niemand mehr für ältere oder gebrechliche Personen aufstehen – es wäre genug Platz. Gemessen am Mobilitätsbedarf auf dieser Strecke zwischen 05:00 und 24:00 Uhr bliebe die Auslastung und damit die Produktivität rechnerisch eher bescheiden.

Schön wäre es jetzt, wenn während der schwach genutzten Tageszeit die beiden überzähligen Zugteile mit 400 Plätzen anderorts zum Einsatz kämen. Oder zur Beförderung von Gütern zur Verfügung stünden, die während der Rushhour der Menschen noch in ihren Lagern ruhen. Das spielt es aber nicht. Entlang aller Pendelrouten braucht es zur gleichen Zeit volle Kapazität und Personenzüge und deren Infrastruktur ist für Gütertransporte nur schlecht geeignet. Das bedeutet, dass über geschätzt 80 % des Tages Überkapazitäten entweder ungenutzt in Endbahnhöfen stehen oder überwiegend leer auf die Reise geschickt werden. Grundsätzlich sollte das Angebot ja produktiv und damit kostendeckend so variiert werden, dass alles rund um die Uhr läuft und rotiert1). Blöderweise fällt genau das auf Eisenbahnnetzen, wie der S-Link eines werden soll, schwer. Außer man teilt sich das Netz mit anderen Anbieter*innen für den Personen- und Güterverkehr.

Jetzt ist der S-Link so ein Angebot, das für ein bis eineinhalb Stunden pro Tag selbst die gewagtesten Versprechen der Bahngesellschaft erfüllen könnte. Ob die Gesamtauslastung jedoch hoch und damit die Leistung produktiv sein wird, daran zweifle ich stark. Dazu kommt, dass die S-Link-Durchbindung durch die Stadt ein redundantes Angebot auf einer Verkehrsnebenachse werden wirdX). Das bedeutet, es entsteht ein zusätzliches Öffi-Angebot in Nord-Süd-Richtung (nicht Ost-West!), das in regem Wettbewerb zu anderen steht. Außerdem ist zu bedenken, dass öffentlicher Verkehr eine Branche ist, die oft mit Steuergeldern subventioniert werden muss, da die klassischen Erlöse allein einen kostendeckenden Betrieb nur selten gewährleistenX). Damit sinken bei mehr Wettbewerb und (redundanten) Überkapazitäten im Öffi-Verkehr die Preise nicht. Im Gegenteil: Sie müssten steigen, wenn das Mehr an Angebot nicht zu bedeutend mehr Einnahmen führt. Die aber sehe ich beim S-Link bei weitem nicht. Wohl aber einen explodierenden Zuschussbedarf ins gesamte Netz, um alle Anbieter*innen „am Leben zu erhalten“.

Eine Etage drüber, auf ebener Erde funktioniert das alles. Die Trassen lassen sich produktiv bespielen und die eingesetzten verschiedenen Verkehrsmittel bedarfsgerecht dimensionieren. Heute noch mit regelmäßigem Stau, in wenigen Jahren mit neuen Technologien und modernen Verkehrskonzepten jedoch flexibel, dynamisch und weitgehend effizientX).

Salzburg, 9/2024 – Gerd

1, 2, 3, ...) Quellen und Erläuterungen zum Text

1) „Von A nach C | Neue Ausblicke auf die Mobilität der Zukunft – mit S-Link Salzburg“ | Business-Novelle | Autor Gerd Sendlhofer im Eigenverlag | Salzburg, 02/2024 | www.business-novelle.eu

X) Siehe verwandte/weiterführende Blog-Beiträge

Passend bzw. vertiefend zu diesem Beitrag finden Sie in diesem Blog folgende Texte:

006 Produktivität first » | Vom Auftrag, öffentlichen Verkehr höchstmöglich auszulasten.

019 An Alternativen reich » | Es braucht vor allem mehr Smartness als Alternative zum S-Link und kein anderes Mega-Bauprojekt

Die Redundanzspirale: in Arbeit

Was kostet öffentlicher Verkehr: in Arbeit

Tipp!

Es geht um Ihre, nicht meine Meinung. Treten Sie daher bitte einen großen Schritt zurück und werfen Sie einen Blick auf das „große Ganze“. Auf ein plausibles, machbares Big Picture des Lebensraumes Salzburg im Jahr 2040. Stellen Sie sich dabei vor, wie wir als Gesellschaft am sichersten dort hinkommen. Ich gebe Ihnen in diesem Blog dazu ein paar Denkanstöße, nicht mehr und nicht weniger.

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