S-Link EXTRA | F | Faktencheck

Autor: Gerd Sendlhofer | S-Link Beitrag 26 | 4.10.2024
Dieser Blog-Beitrag spiegelt ausschließlich die Meinung des Autors wider. Für Ihren Informationsstand und persönliche Sicht der Dinge sind und bleiben Sie selbst verantwortlich.

Redundanzeffekte

Bitte nicht noch mehr vom Gleichen!

Hinweis: Redundanz bezeichnet einen Zustand der Überzähligkeit oder Überflüssigkeit, zum Beispiel im Hinblick auf Informationen oder Objekte.

Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht genau. Trotzdem liegen für mich folgende Schlüsse recht klar auf der Hand. Es geht um die Frage, ob das gesamte Öffi-Netz im Großraum Salzburg langfristig produktiv betrieben werden kann und ob der S-Link dazu etwas beiträgt, oder – wie ich glaube – eher kontraproduktiv wirkt. Wenn ich die Fakten, die bislang auf den Tisch gelegt wurden, auf ihre Plausibilität prüfe, kommen mir stärkste Zweifel, ob das Ziel, über alle Öffi-Angebote hinweg wirtschaftlich zu agieren, tatsächlich erreicht werden kann. Für mich wird hier in höchstem Maße gezockt. Ich erwarte eher gegenteilige Effekte von dem, was dem „S-Link“ als „Aorta der Salzburger Verkehrslösung“1) diesbezüglich unterstellt wird. In meinen Augen ist der S-Link im Stadtgebiet maximal eines von mehreren Angeboten gleicher Wertigkeit auf gleicher Strecke – also: redundant!

Um Sie vor dem Weiterlesen nicht durch eine ganze Reihe an Blog-BeiträgenX) leiten zu müssen, in denen ich darlege, warum die Bedeutung des S-Link innerstädtisch überbewertet zu sein scheint, hier ein Word-Rap zu meinen Argumenten:

Haltestellen-Dichte | oberirdische Präferenzen | Direktverbindung | ein Umstieg weniger | neue Technologien | Digitalisierung | Stadt der kurzen Wege | Radverkehr | „Overtourism“-Effekt | bestehendes Öffi-Netz und sein Entwicklungspotenzial | Fußgänger*innen | Stadtteilentwicklung und Regionalisierung | veränderte Mobilitätsbedarfe | flexibilisiertes und dynamisiertes Öffi-Angebot der Zukunft | Verschiebung der Mobilitätsachsen | Umstieg über 8 Stockwerke | West-Ost-Achse | Innenstadt-Transit | u.v.m.

Daraus ergibt sich ein echtes Dilemma für den Salzburger Verkehrsverbund (SVV), der für die Bereitstellung eines bedarfsgerechten Öffi-Netzes zu wirtschaftlichen Bedingungen verantwortlich ist. Alles, was dabei nicht über die Erlöse aus Ticketverkäufen und durch Bundeszuschüsse finanziert werden kann, ist von der Stadt bzw. vom Land Salzburg zu übernehmen – egal wie hoch dieser Ausgleich von Abgängen aus dem operativen Geschäft ist bzw. noch werden wird. Anders ausgedrückt: Der SVV ist in Summe für die ProduktivitätX) des gesamten Öffi-Angebotes verantwortlich. Dabei sollte vor allem auf die Auslastung der einzelnen Verkehrsmittel und Linien geachtet werden. Wenn jetzt Angebote zueinander redundant sind, also mehrere die gleiche Leistung erbringen, beginnen sie, sich gegenseitig Konkurrenz zu machen und setzen somit einen Redundanzeffekt in Gang.

Da jedoch mehr Wettbewerb bei gleicher Nutzung im öffentlichen Verkehr nicht zu einem Steigen der Erlöse oder einem Sinken der Preise (Kosten für den SVV, Anm.) führt, sondern nur der Finanzierungsbedarf steigt, erhöht sich auch der Bedarf an Ausgleichszahlungen durch das Land bzw. die Stadt Salzburg. Und zwar so lange, bis aus wirtschaftlichen Gründen an der Produktivität des gesamten Angebots gefeilt werden muss. Das geschieht in der Regel über die Ausdünnung des Liniennetzes, die Streckung des Öffi-Taktes oder die Kündigung von Verträgen. Oder aber es werden nötige Investitionen verzögert (siehe Deutschland) bzw. der Einsatz innovativer Technologien abgesagt.

An dieser Stelle bitte ich Sie, zum Word-Rap weiter oben zurückzukehren und sich gedanklich auf das, was folgt, einzustimmen. Ich unterstelle nämlich aus den genannten Gründen:

  • Dass sich das Mehrfach-Angebot an Öffis entlang der Nord-Süd-Achse über Marktmechanismen nicht selbst bereinigen/optimieren wird.
  • Dass die Bürger*innen eine „angeordnete“ Ausdünnung des oberirdischen Öffi-Angebotes2) auf dieser Strecke nicht akzeptieren werden.
  • Dass damit eine defizitäre Nord-Süd-Achse (gemessen über alle Linien) finanziert werden muss und niemand zugeben wird, dass diese Entwicklung absehbar war.
  • Dass die Finanzierung sowohl neuer Öffi-Angebote im innerstädtischen Nahverkehr als auch mobilitätsrelevanter Stadtteilentwicklungen am ausgedünnten Budget scheitern wird, ebenso wie der Einsatz neuer Technologien.

Wenn ich, einigen Gerüchten folgend, davon ausgehe, dass mehrere S-Link-Skeptiker*innen auf politischer Ebene damit für ein „Ja“ geködert wurden, dass durch den Bau des S-Link budgetäre Ressourcen frei werden, muss ich auch unterstellen, dass hier verdammt hoch gepokert wirdX). Ein Einsparungspotenzial durch den S-Link für den gesamten öffentlichen Verkehr ist und bleibt spekulativ.

Salzburg, 10/2024 – Gerd

PS: Dazu sei noch nachgereicht, dass die Nutzer*innen-Zahlen, wie sie in der Klima-Thematik präsentiert wurden, nicht per se dem Umstieg vom Auto auf den S-Link, sondern auch dem Umstieg von anderen Öffis auf den S-Link geschuldet sein dürften. Wenn also nicht angedacht ist, den S-Link durch das „politisch angeordnete“ Abdrehen des oberirdischen Angebotes betriebswirtschaftlich zu rechtfertigen, schlägt der Redundanzeffekt voll durch.

PPS: Zudem wirkt der S-Link auch zum ÖBB-Angebot auf der anderen Salzachseite redundant und könnte somit, so wie auch von der O-Bus-Gesellschaft gemäß Eisenbahngesetz beeinsprucht werden.

1, 2, 3, ...) Quellen und Erläuterungen zum Text

1) Der Begriff „Aorta“ wurde in Zusammenhang mit dem S-Link schon 2021 verwendet und beschreibt (frei interpretiert), dass über lediglich eine Super-Linie der Hauptverkehrsstrom durch die Stadt kanalisiert werden soll.

2) In Social-Media-Kanälen bzw. in Leserbriefen war von bis zu 8 aufzulassenden Bus-Linien die Rede (Achtung: Quellen mutmaßlich seriös, jedoch nicht bestätigt, Anm.).

    X) Siehe verwandte/weiterführende Blog-Beiträge

    Passend bzw. vertiefend zu diesem Beitrag finden Sie in diesem Blog folgende Texte:

    006 Produktivität first » | Vom Auftrag, öffentlichen Verkehr bestmöglich auszulasten.

    017 Was heißt produktiv? » | Was heißt es wirklich, Öffis- und Öffi-Infrastruktur produktiv zu bespielen?

    019 An Alternativen reich » | Es braucht vor allem mehr Smartness als Alternative zum S-Link und kein anderes Mega-Bauprojekt.

    021 Miese Klimabilanz » | Dass der S-Link beim Klimaschutz Wirkung zeigt, wissen wir – aber das Gesamtpaket passt eben nicht …

    025 Politik im Dilemma » | Über Jahre zu verhindern, dass günstigere und bessere Alternativen zum S-Link entwickelt werden, rächt sich jetzt.

    Zum gemeinsamen Erarbeiten von Alternativen zum S-Link und innovativer, visionärer Mobilitätskonzepte finden Sie in diesem Blog spezielle Denksportaufgaben: in Arbeit

      Tipp!

      Es geht um Ihre Meinung, nicht meine. Treten Sie daher bitte einen großen Schritt zurück und werfen Sie einen Blick auf das „große Ganze“. Auf ein plausibles, machbares Big Picture des Lebensraumes Salzburg im Jahr 2040. Stellen Sie sich dabei vor, wie wir als Gesellschaft am sichersten dort hinkommen. Ich gebe Ihnen in diesem Blog dazu ein paar Denkanstöße, nicht mehr und nicht weniger.

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